Die USA haben mit Luftangriffen gegen die IS in Syrien begonnen. Foto: RIA Nowosti

Die USA führen den Kampf gegen die Sunnitenmiliz IS nun auch in Syrien. Das von einem blutigen Bürgerkrieg zerrüttete Land muss sich auf noch schwerere Kämpfe einstellen. Auch arabische Verbündete kämpfen mit.

Die USA führen den Kampf gegen die Sunnitenmiliz IS nun auch in Syrien. Das von einem blutigen Bürgerkrieg zerrüttete Land muss sich auf noch schwerere Kämpfe einstellen. Auch arabische Verbündete kämpfen mit.

Washington - Erstmals haben die USA gemeinsam mit fünf arabischen Verbündeten die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auch in Syrien angegriffen. In der Nacht zu Dienstag seien IS-Stellungen in mehreren Provinzen des Landes bombardiert worden, teilte das US-Militär mit. Dabei wurden nach Angaben von Menschenrechtlern 70 IS-Extremisten getötet. Zudem starben 50 Kämpfer der weitgehend unbekannten Chorasan-Gruppe, die mit dem syrischen Al-Kaida-Ableger verbunden ist. Auch acht Zivilisten wurden nach diesen Angaben getötet, darunter zwei Kinder. Im Nachbarland Irak fliegen die USA schon seit mehr als sechs Wochen Angriffe gegen die IS-Miliz. Anders als dort hat Washington in Syrien jedoch keine Erlaubnis der Regierung für die Angriffe eingeholt.

Bei den Verbündeten handelt es sich nach Angaben des US-Zentralkommandos in Tampa (Florida) um Saudi-Arabien, Jordanien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain. Die Ziele in Syrien seien mit Marschflugkörpern „Tomahawk“, Kampfjets und bewaffneten Drohne angegriffen worden. Es habe insgesamt 14 Luftschläge gegen den IS gegeben. Mehr als 150 Präzisionsbomben fielen nach Angaben von Pentagonsprecher John Kirby. Die Schläge seien „sehr, sehr effektiv gewesen“, betonte er. Den Befehl hatte US-Präsident Barack Obama selbst erteilt.

Zu den Angriffszielen gehörten laut dem US-Militär Kommandozentren, Trainingslager, Waffenarsenale und Versorgungslager der IS-Miliz. Es seien vor allem Stellungen und Einrichtungen im nordostsyrischen Al-Rakka angegriffen worden, darüber hinaus in der Nähe der Städte Dair as-Saur, Hasaka und Abu Kamal. Al-Rakka gilt als die syrische Hochburg der Dschihadisten.

"Dies ist nicht Amerikas Kampf allein"

„Dies ist nicht Amerikas Kampf allein“, sagte Obama kurz vor seiner Abreise zum Klimagipfel nach New York. Er bedankte sich bei den beteiligten Piloten. Die nationale Sicherheit werde „Schulter an Schulter“ mit den arabischen Ländern verteidigt. „Wir werden Terroristen, die unser Volk bedrohen, keinen Zufluchtsort lassen“, sagte er mit Blick auf die Angriffe gegen Chorasan. Zugleich warnte er, dass der Kampf in Syrien lange dauern werde.

In Syrien tobt seit Frühjahr 2011 ein blutiger Bürgerkrieg, der als Aufstand gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad begonnen hatte. Der Islamische Staat beherrscht im Norden und Osten Syriens rund ein Drittel der Fläche des Landes. Auch im benachbarten Irak kontrolliert die Terrormiliz riesige Gebiete. In beiden Länder geht sie brutal gegen Gegner und Andersgläubige vor.

Die US-Luftwaffe hatte Anfang August mit Angriffen gegen den IS im Nordirak begonnen. Dort unterstützen die USA eine Gegenoffensive kurdischer Einheiten. In Syrien will Washington gemäßigte Rebellengruppen aufrüsten und ausbilden, damit sie am Boden gegen den IS vorgehen. Eigene Bodentruppen wollen die USA nicht einsetzen.

Die oppositionsnahe syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte am Dienstag mehrere „nichtsyrische“ Luftschläge auf IS-Einrichtungen in der Stadt Al-Rakka. Dabei sei das mutmaßliche Hauptquartier der Dschihadisten getroffen worden. Bewohner von Al-Rakka berichteten auf Twitter von schweren Explosionen und wiederholten Überflügen von Militärflugzeugen.

Das Pentagon erklärte weiter, ohne Beteiligung von Verbündeten hätten die USA zudem acht Ziele der Chorasan-Gruppe bei der nordsyrischen Stadt Aleppo bombardiert. Dabei sollen 50 Kämpfer getötet worden sein. Die „erfahrenen Al-Kaida-Veteranen“ hätten eine akute Bedrohung für die USA und Europa dargestellt. Die Miliz ist mit der Al-Nusra-Front verbunden, dem syrischen Al-Kaida-Ableger.

Der Chorasan-Gruppe sollen Al-Kaida-Mitglieder aus dem Nahen Osten, Nordafrika und Südasien angehören. Der Direktor des Nationalen Geheimdienstes in den USA, James R. Clapper, hatte zuvor gewarnt, die Miliz könne für die Vereinigten Staaten ebenso gefährlich werden wie die IS-Terrormiliz.

Syrien sei über die US-Luftschläge nach eigenen Angaben vorab von Washington informiert, meldete die nationale Nachrichtenagentur Sana unter Berufung auf das syrische Außenministerium. Die USA betonten, Syrien sei nicht um Erlaubnis gebeten worden.

Neues Geiselvideo aufgetaucht

Am Dienstag tauchte im Internet ein neues Geiselvideo der Terrormiliz auf. Bei der Geisel handelt es sich um einen entführten Journalisten. Das Video nimmt noch keinen Bezug zur Ausweitung des US-Luftkrieges auf Syrien, kritisiert aber die internationale Koalition gegen die IS-Miliz. „Das ist alles nur Zirkus“, sagt die Geisel.

Russland kritisierte die Luftangriffe als Verstoß gegen das Völkerrecht. Für einen solchen Militäreinsatz sei eine Zustimmung der syrischen Regierung oder ein Mandat des UN-Sicherheitsrates notwendig, teilte das Außenministerium in Moskau mit.

Die Türkei muss sich wegen des Vormarschs der IS-Miliz nach UN-Angaben auf bis zu 260.000 weitere syrische Flüchtlinge einstellen. Betroffen sei faktisch die gesamte Bevölkerung der umkämpften kurdischen Enklave Ain al-Arab (kurdisch: Kobane) an der Grenze zur Türkei sowie 200.000 syrische Binnenflüchtlinge, die sich in der Stadt befänden, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR mit. Insgesamt haben bereits mehr als 1,5 Millionen Menschen vor allem aus Syrien in der Türkei Zuflucht gefunden.

Ein in Algerien entführter französischer Tourist befindet sich in den Händen einer mit dem IS verbundenen Islamistengruppe. Darin droht eine Jund al-Khilafa („Soldaten des Kalifats“) genannte Gruppe mit der Ermordung der Geisel, wenn Frankreich seine Luftangriffe im Irak nicht beende.

Erstmals seit mehr als 30 Jahren schoss Israel einen syrischen Kampfjet ab. Das Flugzeug sei in den israelischen Luftraum eingedrungen, teilte die Armee mit.