Ein halbes Dutzend Techniker des amerikanisches Herstellers Cray baute den 41 Schränke großen Supercomputer im Sommer auf. Foto: Boris Lehner, HLRS

Deutschlands schnellster Supercomputer steht derzeit im HLRS auf dem Vaihinger Uni-Campus. Die Cray-Maschine schafft 7,4 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde.

Vaihingen - Schon die Hornisse hat einiges drauf gehabt. Hornet hieß die Maschine auf Englisch, und als sie vor einem knappen Jahr ans Netz ging, schaffte es der Vaihinger Rechner auf Platz 16 in der Rangliste der schnellsten Supercomputer der Welt. Hornet brachte es auf 3,8 Petaflops. Nun wurde die Hornisse erweitert und bekam von seinen Nutzern am Höchstleistungsrechenzentrum (HLRS) den Namen Hazel Hen, zu deutsch Haselhuhn. Mit einer maximalen Rechenleistung von 7,4 Petaflops, das entspricht 7,4 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde, ist der Computer fast doppelt so schnell wie sein Vorgänger. Zum Vergleich: der Rechner, mit dem dieser Text geschrieben wurde, ist mehrere 10 000-mal langsamer.

Die geballte Leistung von Hazel Hen ist in Deutschland einzigartig, es gibt derzeit keinen schnelleren Rechner als den in Vaihingen. Auch international reiht sich das Gerät knapp hinter der Spitze ein. In der Liste der 500 leistungsfähigsten Computer würde er den sechsten Platz belegen. Die Liste wird aber nur alle sechs Monate aktualisiert. Realistisch dürfte deshalb derzeit eine Platzierung um Rang sieben oder acht sein.

Aufgebaut wurde das System von Cray-Technikern

„Uns ist es egal, wie schnell er ist. Er muss für unsere Nutzer passen“, sagt Michael Resch, der Direktor des HLRS. Denn oft würden Rechner aus Prestigegründen so groß und schnell wie möglich gebaut, ohne dass sie die versprochene Leistung in der Realität und bei gewöhnlichen Anwendungen auch abrufen können. Oder sie werden für spezielle Zwecke benötigt, etwa für die Kernwaffenforschung. Für andere Aufgaben sind sie dann aber ungeeignet.

Den Rechner benötigen die Vaihinger für Simulationen. Wissenschaftler nutzen ihn, um zum Beispiel Luftverwirbelungen an Autos zu berechnen. So lassen sich die Ströme vom ersten Auftreffen auf den Kühlergrill bis zum Austritt aus einem der Radkästen nachvollziehen. Punktwolken streifen dann durch Schlitze in der Verkleidung und umspülen die Bremsen oder die Achsen. Auf die gleiche Art lassen sich etwa Verbrennungsprozesse in einem Motor oder Turbulenzen an Turbinenschaufeln berechnen. So können bereits am Bildschirm Lösungen für Probleme gefunden werden, statt die Maschinen erst zu bauen und sie dann aufwendig zu testen.

Aufgebaut wurde das System im Sommer von einem halben Dutzend Cray-Technikern. Die amerikanische Firma hat sich auf den Bau von Supercomputern spezialisiert, und um die 21 Schränke von Hornet durch 20 weitere zu ergänzen, brauchten sie knapp einen Monat. Insgesamt belegt der gewachsene Rechner eine Fläche von 250 Quadratmetern. Ende September wurde er von den Spezialisten abgenommen. Bis April 2017 wird er der schnellste Computer im Land bleiben. Dann soll in Jülich ein noch größerer Rechner ans Netz gehen.

Hermit, Hornet und Hazel Hen haben 75 Millionen gekostet

Haselhuhn, meint Resch, sei eine logische Erweiterung von Hornisse. Und zwar aus namenstechnischer Sicht. Denn schon der Vor-Vorgänger hatte mit Hermit einen ebenfalls eher seltsamen Namen. „In Amerika haben die Rechner Namen wie Jaguar und Krake“, sagt der HLRS-Chef. Ziemlich martialisch klinge das. Und deshalb baten die Cray-Leute die Vaihinger seinerzeit um etwas Kreativeres. Resch entschied sich für den Juchtenkäfer, auf englisch Hermit Beetle genannt. Der ist vom Aussterben bedroht und geisterte damals im Zuge der Stuttgart-21-Debatte durch die Presse. Fortan suchte Resch nach Tieren, die mit H beginnen und keinen leichten Stand haben. Hermit, Hornet und Hazel Hen haben zusammen übrigens 75 Millionen Euro gekostet.

In Vaihingen gab es dieser Tage einen weiteren Grund zur Freude. Fünf Monate nach der Grundsteinlegung wurde vor zwei Wochen das Richtfest für den Erweiterungsbau gefeiert. An der Nobelstraße soll ein neues Schulungs- und Trainingszentrum entstehen, denn irgendwo müssen die Forscher auf den Umgang mit Supercomputern vorbereitet werden. „Mit rund 800 Teilnehmern jährlich ist das HLRS Europas größte Weiterbildungseinrichtung für Höchstleistungsrechnen“, sagt Resch. Sechs Millionen Euro wird die Einrichtung kosten und im Oktober 2016 in Betrieb gehen.

Anerkennung kommt auch von Seiten der Universitätsleitung. „Mit der Rechnererweiterung und der Weiterbildungseinrichtung für Höchstleistungsrechnen hat die Universität Stuttgart ihre Position als führendes Wissenschaftszentrum für Simulationstechnologie in Deutschland und Europa weiter ausgebaut“, teilt der Uni-Rektor Wolfram Ressel mit.