Keine Angst, ich muss nur mal gähnen. Foto: Eichler

Es muss nicht immer der Krüger-Nationalpark sein. In privaten Wildreservaten ist Safari-Glück quasi programmiert. Zum Beispiel in Kariega.

Kariega - Das Spektakel beginnt. Erst raschelt es im Busch, dann knacken Zweige. Ein grauer Rücken schiebt sich durchs Bild, ein geriffelter Schlauch peitscht durchs Geäst. Und dann bricht der Störenfried in voller Schönheit und ganzer Größe aus dem Dickicht hervor. Mit weit ausgestellten Ohren und dekorativ gebogenem Rüssel betritt ein Elefantenbulle seine Spielwiese - überaus majestätisch und wie ein echter Showstar. Die Kameras klicken. Aber das ist nur der Auftaktknüller.

Im zweiten Akt folgen Frauen, Kinder und andere Männer, die sich keinen Deut um die beiden dunkelgrünen Safari-Jeeps mit dem glückseligen Publikum scheren. Ganz und gar entspannt erobert die Herde die Wiese und zelebriert ausgelassenes und fröhliches Familienleben. Da geben sich junge Bullen kräftig auf die Ohren beim Ringkampf mit Rüsselverknoten. Da bekommt ein Kleinkind mit Pinocchio-Rüssel-Röhrchen die Urindusche seiner Mama ab. Da spaziert ein Prachtexemplar so dicht am Nachbarwagen vorbei, dass die Kinder es streicheln könnten - wenn Streicheln nicht kategorisch verboten wäre. All das passiert nur wenige Meter entfernt.

Eine fast einstündige Abend-Show in mehreren Akten, die keinerlei Dramaturgie folgt und trotzdem vor Hochspannung knistert. Die jeden Tag und jedes Mal anders aussieht und auch ausfallen kann - wenn die Darsteller keinen Bock auf Theater haben. Heute aber ist alles in Butter. Zum Entzücken der Gäste und zur Freude der Ranger, deren Job darin besteht, Safari-Glück zu organisieren. Chelee Brown, 23 Jahre jung, ist ausgebufft wie eine alte Indianerin. Verblüffend, wie ihre Spürnase auf Touren kommt, wenn sie Fußabdrücke oder Kot „liest“. Wohltuend, wie sanft sie den schweren Land Cruiser selbst über ruppigstes Terrain und durch steinige Wasserläufe schaukelt.

Die Sonne strahlt, die Vögel zwitschern

Und erfrischend nicht zuletzt, wie ihr der Spaß an der Arbeit jederzeit ins Gesicht geschrieben steht. Als einer von 20 Rangern betreut die junge Frau Tag für Tag Gäste in Kariega, einem 10 000 Hektar großen privaten Wildreservat bei Port Elisabeth am Ende der berühmten Garden Route. Mit Schluchten, Flusstälern, Grassteppen und Busch eine perfekte Kulisse für Tierbeobachtungen aller Art. Der nächste Morgen. Die Sonne strahlt, die Vögel zwitschern, und eine Giraffe knabbert an den Bäumen über dem Dach. Punkt sechs steht Chelee wieder vor der Tür, mit Kaffee und Muffins geht es auf Morgen-Tour durch einen grünen Garten Eden mit allerlei Getier: Giraffen, die synchron die Köpfe wiegen und sich beim Trinken arg verbiegen.

Gnus, die stets einige Meter Distanz zwischen sich und das Fahrzeug legen. Strauße, die auf dem Weg liegen. Impalas, die äsen. Nyala-Böcke, die mit gesenktem Gehörn aufeinander losgehen. Hippos, die im Kariega River dösen. Ein perfektes Idyll. Nicht nur die „Big Five“ hat Chelee im Auge, ihr Herz schlägt ebenso für die „Kleinen Fünf“, die „Scheuen Fünf“ und selbstverständlich die „Hässlichen Fünf“ mit Gnus, Hyänen und Flusspferden auf den Spitzenplätzen: „Hippos schämen sich so sehr wegen ihrer Hässlichkeit, dass sie tagsüber immer im Wasser bleiben“, versprüht Chelee einen Hauch Ranger-Latein und lacht, dass die braunen Locken tanzen. Nächster Punkt: Walking Safari.

Mit Chelee und Ranger-Kollege Lewis, der zur Sicherheit ein geladenes Gewehr mit sich führt, geht es am späten Vormittag zu Fuß übers Gelände. Leise und im Gänsemarsch bewegt sich der Trupp auf ein Stück Busch zu, vor dem Giraffen Siesta halten. Auffällig: Gehende Menschen werden genauestens und ziemlich misstrauisch beäugt, der Sicherheitsabstand ist folglich viel größer als zu den Jeeps. Ein totes Nashorn, dessen Knochen und versteinerte Hautreste im Busch verstreut liegen, gibt den Rangern Gelegenheit, über ein ebenso erschütterndes wie frustrierendes Thema zu reden: die brutale Jagd nach dem Rhino-Horn, für das auf dem Schwarzmarkt astronomische Preise gezahlt werden.

„Zu uns kamen sie am 2. März 2012“

Dabei massakrieren organisierte Wilderer-Banden nicht nur Dickhäuter in den Nationalparks, sie überfallen auch private Wildreservate. „Zu uns kamen sie am 2. März 2012“, erzählt Chelee, „und wilderten drei Tiere. Ein Bulle starb noch in der Nacht, ein zweiter trotz aller tierärztlichen Kunst drei Wochen später an einer Wundinfektion.“ Dass die schwangere Nashorn-Kuh Thandi die Attacke nicht nur überlebte, sondern sogar ihr Baby gebar, grenzt für alle in Kariega an ein Wunder.

„Seither entfernen wir unseren Rhinos die Hörner; nur so sind sie sicher.“ Wie Nashörner ohne Horn aussehen, erlebt man auf der Pirsch. Lange verweilt man bei den archaischen Dickhäutern und debattiert über Not und Elend der Nashörner in Südafrika. Dann spürt Chelee Büffel auf, die gerade friedlich weiden und scheinbar kein Wässerchen trüben können. „Von wegen“, jetzt lacht sie wieder, „vier besonders aggressive Burschen haben wir gerade verkauft.“

Dass sich zum Finale nach drei vergeblichen Anläufen doch noch die Löwenfamilie die Ehre gibt und faul am Wegesrand abhängt, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Und dass ganz zum Schluss eine Hippo-Mama das Maul sperrangelweit aufreißt, glaubt einem sowieso niemand. Stimmt trotzdem.

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Infos zu Südafrika

Anreise
South African Airways, www.flysaa.com/de/de/ , fliegt nachts von Frankfurt und München über Johannesburg nach Port Elizabeth. Von dort mit dem Pkw eine Stunde bis Kariega.

Unterkunft
In Kariega gibt es vier Lodges (Main Lodge, Ukhozi Lodge, River Lodge, The Homestead). Eine Übernachtung kostet ab 185 Euro.

Währung
Südafrikanischer Rand. Für einen Euro erhält man aktuell 14 Rand. Geldautomaten gibt es in allen größeren Orten, die Zahlung mit Kreditkarten ist vielerorts problemlos möglich.

Literatur
Dumont Reise-Handbuch Südafrika, 24,99 Euro.

Veranstalter
Südafrika-Spezialist Chamäleon-Reisen hat Kariega im Programm auf der 14-Tage-Reise „Garden Route“ ab 2999 Euro und einer Selbstfahrertour ab 1849 Euro: www.chamaeleon-reisen.de .

Allgemeine Informationen
Südafrikanisches Tourismusbüro (South Africa Tourism Board), Infotelefon 08 00 / 1 18 91 18 (kostenlos), www.kariega.co.za (teilweise auf Deutsch), www.dein-suedafrika.de .

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