Viele verheimlichen ihre Alkoholsucht und brauchen um so mehr einen Treffpunkt, wo sie sich anonym beraten lassen und austauschen können. Foto: dpa

Seit 40 Jahren gibt es die Anonymen Alkoholiker in Stuttgart. Sie haben ihren Treffpunkt in Feuerbach. Jetzt ist das Haus verkauft und die Selbsthilfegruppe sucht dringend nach neuen Räumen.

Stuttgart - In der Stuttgarter Straße 10 in Feuerbach führt der Hintereingang zur Selbsthilfegruppe der Anonymen Alkoholiker. Das Haus gehörte bis vor Kurzem der Stadt Stuttgart und ist vom Sozialamt vor allem als Lagerraum genutzt worden. Von außen, insbesondere die Rückfront, mutet es vernachlässigt an. In jüngster Zeit wurde es von der Stadt tatsächlich nicht mehr gebraucht und stand zu großen Teilen leer. Deshalb sei es an die Immobilienfirma Geiger „zum Verkehrswert“, verkauft worden, so Pressesprecher Sven Matis. Die Firma wolle es sanieren und an die Jugend-Kunst-Stiftung M. Geiger übergeben, die etwa die theaterpädagogische Arbeit am Theaterhaus unterstützt. Die Anonymen Alkoholiker sind die Leidtragenden.

Der Mietvertrag mit der Selbsthilfegruppe ist zum 30. November gekündigt worden. Zwar ist seit dem Jahreswechsel das städtische zentrale Immo-Management damit beauftragt, Ersatzräume für die Anonymen Alkoholiker zu finden, doch bisher entsprach kein Vorschlag dem Bedarf: „Eine Immobilie lag im Rotlichtviertel“, sagt eine Sprecherin der Selbsthilfegruppe. Das sei schon deshalb schwierig, weil das Kneipenangebot dort allgegenwärtig sei. Zudem müssten die Räume geöffnet bleiben, damit die Besucher jederzeit Zutritt hätten – „das könnte dann aber auch jeder andere Altstadtbesucher“.

Hilfe bei Entzug und Abstinenz

Der zweite vorgeschlagene Standort liegt im Osten und ist nach Darstellung der Anonymen Alkoholiker weder barrierefrei noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Außerdem sei die Miete zu hoch: „Wir können maximal sieben Euro pro Quadratmeter bezahlen, weil wir uns ausschließlich aus Spenden finanzieren“, sagt die Sprecherin. Eine Förderung durch die Stadt habe man bisher abgelehnt, um die eigene Unabhängigkeit zu wahren, aber man sei sehr dankbar über die Hilfen bei der Raumsuche.

Bis zu 700 Menschen kommen monatlich in die jetzige Kontaktstelle, die 1997 am Standort in Feuerbach bezogen wurde. Wöchentlich treffen sich dort 15 Gruppen alkoholabhängiger Menschen und betroffener Angehöriger. Ziel der Treffen ist es, im besten Fall die Alkoholsucht zu überwinden, konsequent abstinent zu bleiben und mit dem trockenen Alkoholismus gut umgehen zu lernen. Dafür sucht die Selbsthilfegruppe ein Ladenlokal, eine Werkstatt, einen Büroraum oder ein Industrieobjekt mit 80 bis 120 Quadratmetern, das problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist.

Mit einem Referenzschreiben der Stadt suchen die Anonymen Alkoholiker auch auf eigene Faust nach Räumen. Den Sommer über haben sie dafür noch Zeit. Sie hoffen aber auch auf private Angebote, die sie unter der Mail-Adresse aa.Region6.KST@web.de oder unter Telefon 07 11 / 1 92 95 sammeln.