Ein Drittel der Ratsuchenden hat Problem mit der Alkoholsucht Foto: A3818_Klaus-Dietmar_Gabbert

Alkoholsucht ist das häufigste Problem, mit dem Besucher zur ambulanten Drogenhilfe in Stuttgart kommen. Das geht aus dem Jahresbericht für 2014 hervor. Lediglich der exzessive Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen ist seit einiger Zeit rückläufig.

Stuttgart - Alkohol bleibt Volksdroge auch in Stuttgart, Cannabiskonsum stabilisiert sich auf hohem Niveau bei älteren Konsumenten, die Zahl der Drogentoten stagniert bei zwölf – das ist die Essenz aus dem dreizehnten Bericht der ambulanten Sucht- und Drogenhilfe in Stuttgart, der am Montag dem Sozialausschuss vorgelegt wurde.

Rund 4500 Menschen sind 2014 von den Trägern der Sucht- und Drogenhilfe betreut worden, 2710 davon kamen neu hinzu. Mehr als ein Drittel der Ratsuchenden hatte ein Alkoholproblem.

Der exzessive Konsum in Kreisen Jugendlicher soll hingegen rückläufig sein. Die Sozialverwaltung macht dies an der Zahl der alkoholbedingten Krankenhauseinweisungen fest: Seit 2008 hat sich diese fast halbiert, bei Mädchen liegt der Rückgang sogar über dem bundesweiten Trend. „Das ist eine äußerst erfreuliche Entwicklung“, sagte Petra Rühle (Grüne).

Jugendliche und junge Erwachsene konsumieren am häufigsten Cannabis, wenn sie zu einer illegalen Substanz greifen. Laut Ulrich Binder deshalb, „weil die Droge überall anbaubar und billiger ist“ als andere. „Über die Debatte zur Freigabe von Cannabis bin ich deshalb nicht so begeistert“, sagte Stadträtin Laura Halding-Hoppenheit (SÖS/Linke plus) und forderte weitere Mittel für Prävention ein. SPD-Stadtrat Hans-Peter Ehrlich hält die „heutige Leistungserwartung“ für den Drogenmissbrauch für ursächlich.

Bei den Erwachsenen ist die Gruppe der Cannabis-Konsumenten übrigens nicht weiter gewachsen; 2013 kamen 405 Menschen, 2014 dann 399 Menschen mit diesem Abhängigkeitsproblem in die Beratung.

15 Prozent der Neuzugänge greifen zu Opiaten. Diese Klientel erhält eher weniger Zuwachs durch junge Erwachsene und Jugendliche, sondern bleibt als Konsumentengruppe relativ konstant. Das hat den Effekt, dass das Durchschnittsalter der Opiat-Konsumenten innerhalb von zehn Jahren von 32 auf 37 Jahre angestiegen ist. Für Ulrich Binder, den Chef der Suchthilfeeinrichtung Release, ist das ein deutliches Zeichen dafür, „dass Substitution frühes Sterben verhindert“.

Nach Alkohol, Opiaten und Cannabis stehen Essstörungen an vierter Stelle der Problemlagen. 126-mal haben die Suchthilfeträger in dieser Sache beraten und „den Eindruck gewonnen, dass man Schlimmeres verhindert hat“, sagt Ulrike Ohnmeiß vom Suchthilfeverbund Stuttgart. Problematisch sei, dass alle Mädchen ständig mit dem gängigen Schönheitsideal konfrontiert seien, was so weit führe, dass sogar bei erwachsenen Frauen die Magersucht zunehme.

Die Sozialverwaltung und der Gemeinderat müssten sich „die elementare Frage stellen, wie man Menschen dazu bringt, ohne Drogen zu leben“, sagte AfD-Stadtrat Heinrich Fiechtner, der Zweifel an der Messbarkeit und am Erfolg von Präventions- und Beratungsleistungen anmeldete. Elisabeth Dongus vom Sozialamt Stuttgart erläuterte daraufhin einige Parameter, die in Fachkreisen anerkannt seien und auch in Stuttgart Anwendung finden. Allerdings gab sie zu: „Wir können keine Follow-up-Befragung machen“, also eine Befragung der Klienten ein, zwei Jahre nach ihrem letzten Besuch in der Beratungsstelle. „Dafür brauchen wir ein professionelles wissenschaftliches Institut und Mittel.“

Bei schulischen Präventionsprogrammen will CDU-Stadträtin Beate Bulle-Schmid vom Landmehr finanzielle Beteiligung.