Das Feierabend-Bierchen kann zur Gewohnheit werden und im schlimmsten Fall zur Sucht führen Foto: dpa-Zentralbild

Mit Online-Test - Auch Ältere können noch süchtig werden. Frauen greifen in die Tablettenschublade, während Männer sich lieber ein Bier oder einen Schnaps gönnen. Aber auch sie können mit einer Therapie von der Suchte loskommen.

Stuttgart -Einsamkeit oder Verlust des Partners treiben viele Ältere in eine Abhängigkeit. Die Landesstelle für Suchfragen und die Barmer Krankenkasse geben nun in einer Broschüre Angehörigen von Betroffenen Warnhinweise. Die Broschüren können Sie sich hier herunterladen.

...

Bitte einen Moment Geduld.
Die Toolbox für Content-Marketing wird geladen ...

Alkohol

Ein Glas Sekt zum Frühstück und ein Bierchen zum Abendessen. Man fühlt sich locker und beschwingt. Das geht bei keiner anderen Droge so schnell. Aus dem kurzen Glücksgefühl kann aber auch ein dauerhafter Rausch entstehen. Gründe für Alkoholsucht im Alter gibt es viele: Der Tod des Partners, Krankheit oder das Gefühl nicht mehr gebraucht zu werden. „Viele ältere Menschen haben aber auch schon mal in jüngeren Jahren zu viel getrunken“, sagt Michael Klein, Suchtforscher am Deutschen Institut für Sucht- und Präventionsforschung in Köln. 80 Prozent der Betroffenen seien Männer. „Sie haben Probleme zum Arzt zu gehen oder über Sorgen zu sprechen“, sagt er. Anstelle sich Hilfe zu holen, trinken sie. Der Suchtforscher kritisiert, dass Alkohol in Deutschland im internationalen Vergleich zu günstig ist und die gesellschaftliche Stellung von Wein, Bier und Co. „Es ist anerkannt zu trinken und man wird komisch angeschaut, wenn man nicht trinkt“, sagt Klein. Die Folgen für die Gesundheit werden dabei unterschätzt, schließlich trinkt man doch seit Jahren ein Feierabend-Bierchen. „Der Körper braucht im Alter viel länger, um den Alkohol abzubauen“, sagt der Suchtforscher. Auch der Glaube, dass ein Glas Rotwein gut sei, ist falsch. Der im Wein enthaltende Stoff Resveratrol hat keine lebensverlängernde Wirkung, so Forscher der John-Hopkins-Universität in Baltimore. Nicht selten stürzen Ältere, weil sie Restalkohol im Blut haben, können sich schlechter konzentrieren und meistern den Alltag dadurch schlechter. Diese Symptome sind aber auch typisch fürs Alter. „Es ist ein Gratwanderung zu entscheiden, ob jemand nur alt wird oder abhängig ist“, sagt Christa Niemeier von der Landesstelle für Suchtfragen. Die Sucht im Alter lässt sich deswegen schlecht feststellen. Angehörigen rät sie, sich professionelle Hilfe zu suchen. Denn auch im Alter gibt es einen Weg aus der Sucht. „Die Chancen bei Älteren abstinent zu werden sind sehr gut“, sagt Klein. Die Erwartung noch ein paar gute Jahre zu haben, bringe viele weg vom Alkohol.

Medikamente

1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind medikamentenabhängig, 500 000 bis 600 000 von ihnen sind über 60 Jahre alt. Zwei Drittel von ihnen sind Frauen. „Frauen trinken nicht so gerne viel Alkohol“, sagt Michael Klein vom Deutschen Institut für Sucht- und Präventionsforschung. Die Hemmschwelle, Tabletten zu nehmen, dagegen sei geringer. „Der Arzt legitimiert die Einnahme ja. Das ist wie ein Schutz“, sagt er. Frauen gehen generell mehr zum Arzt und konsumieren insgesamt auch mehr Medikamente. Die Abhängigkeit wird oft als „stille Sucht“ bezeichnet, weil sie nicht so auffällt wie ein Alkoholmissbrauch. Anzeichen sind Gleichgewichtsstörungen, Benommenheit und ein Vorrat an Medikamenten. Ältere Frauen werden vor allem von Schmerz- und Beruhigungsmitteln wie Schlaftabletten und Antidepressiva abhängig. „Viele haben Medikamente zu Hause und nehmen sie, ohne mit dem Arzt zu sprechen“, sagt Klein. Daraus könne mit der Zeit eine Abhängigkeit entstehen. Gefährlich wird es zudem, wenn mit den Tabletten beispielsweise der Tod des Partners verdrängt wird. „Wenn die Trauer nicht verarbeitet wird, entsteht eine Depression“, sagt er. Eine weitere Gefahr ist die Wechselwirkung mit Alkohol. Wenn das Medikament mit Wein oder Sekt eingenommen wird, kann sich die Wirkung verstärken oder absenken. Folge: Die Medikamente wirken nicht richtig, und die Dosis muss immer verändert werden. Christa Niemeier von der Landestelle für Suchtfragen sieht die Ärzte am Zug: „Mediziner müssen darauf achten, was sie verschreiben, und über Alternativen zu Schmerz- und Beruhigungsmitteln nachdenken.“

Tabak

Niemand fängt mit Mitte 60 noch an zu rauchen. Wer raucht, hat meist als Jugendlicher damit angefangen und es noch nicht geschafft aufzuhören. Der Konsum älterer Raucher ist hoch und die Abhängigkeit stark ausgeprägt. Bei den 60 bis 69 Jährigen rauchen 18 Prozent der Männer und 17 Prozent der Frauen. „Der Entzug lohnt sich auch im Alter noch“, sagt Michael Klein, Suchtforscher am Deutschen Institut für Sucht- und Präventionsforschung in Köln. Raucher, die mit 60 aufhören, können ihre Lebenserwartung um 1,5 Jahre verlängern. Schon einen Tag nach dem Rauchstopp wird das Herzinfarktrisiko kleiner und nach drei Monaten kann sich die Lungenkapazität um bis zu 30 Prozent erhöhen, so die Deutsche Herzstiftung. Nach zwei Jahren ohne Zigarette ist das Herzinfarktrisiko auf fast normale Werte gesunken. In der Regel sterben Raucher acht Jahre früher als Nichtraucher. Die Ursachen sind bekannt: Atemwegserkrankungen und Krebs. Auch E-Zigaretten sind nicht gesünder. Das Deutsche Krebsforschungszentrum weist daraufhin, dass bei E-Zigaretten tief und häufig Chemiecocktails inhaliert werden, von denen niemand genau weiß, was drin ist.