Stuttgart-21-Gegner protestieren gegen das Bahnprojekt. Foto: dpa

Nach sieben Woche Zwangspause will die Bahn die Bauarbeiten für Stuttgart 21 fortsetzen.

Stuttgart - Nach sieben Woche Zwangspause will die Bahn am Dienstag die Bauarbeiten für die Grundwasseraufbereitungsanlage fortsetzen. Die Polizei erwartet Blockaden von Projektgegnern und setzt mehrere Hundert Beamte ein.

Am Dienstag in der Früh wird die Polizei die Cannstatter Straße zwischen dem ehemaligen Omnibusbahnhof und der Wolframstraße abriegeln. In diesem Abschnitt beim Südflügel des alten Hauptbahnhofs will die Deutsche Bahn die ersten Rohrleitungen für das sogenannte Grundwassermanagement im öffentlichen Straßenraum verlegen.

"Nötigenfalls körperliche Gewalt anwenden"

Die Grünen im Gemeinderat, das Aktionsbündnis gegen Stuttgart21 und die Parkschützer-Organisation kritisieren die Fortführung der Bauarbeiten. Die Baumaßnahmen waren nach einer friedlichen Demonstration am 20.Juni, der sich abends die gewaltsame Erstürmung der Grundwasserbaustelle durch mehrere Hundert Projektgegner anschloss, unterbrochen worden. Im Nachgang wurden unter anderem die Zäune rings um das Baufeld verstärkt.

Mit einem Großaufgebot - angeblich sind mehrere Hundert Beamte im Einsatz und in Bereitschaft - will die Polizei am Dienstag verhindern, dass die Lage am Südflügel aus dem Ruder läuft. In den Morgenstunden werden dabei bis zu 500 Teilnehmer an einer Baustellenblockade erwartet. Ob die Zahl im Laufe des Tages anwächst oder schwindet, ist ungewiss. Details zu ihren Einsatzplänen nennt die Polizei nicht. Sie betont aber, dass die frühzeitige Deeskalation von Konflikten höchsten Stellenwert genießt.

Zeltstadt muss für Rohre geräumt werden

"Wir werden die Situation sehr aufmerksam beobachten", kündigt Polizeipressesprecher Stefan Keilbach an. Personen, die nur friedlich demonstrierten, werde man keine Straftaten unterstellen. Personen, die sich ins Unrecht setzten und polizeilichen Aufforderungen nicht folgten, müssten aber damit rechnen, dass man dies nicht dulden werde. "Sollte es trotz vielfacher Aufrufe zu Ruhe und Besonnenheit zu gewaltsamen Aktionen kommen, wird die Polizei nötigenfalls körperliche Gewalt anwenden", heißt es in einer Erklärung des Polizeipräsidiums.

Die Installation des Grundwassermanagements ist zwingende Voraussetzung für das Öffnen der ersten Baugruben für Stuttgart21. Entlang der Cannstatter Straße wird die blaue Rohrleitung in mehreren Meter Höhe auf Metallträgern aufgeständert. Die Straße bleibt zwar für den normalen Verkehr gesperrt; auf eine lückenlose Absperrung mit Polizeigittern wird aber zunächst verzichtet.

Parkschützer: "Sinnlose Provokation"

Besonders heikel dürfte in einigen Wochen die Verlegung der ersten Rohre im Schlossgarten werden. Dazu muss jedoch zuvor die weit verstreute Zeltstadt im Park geräumt werden. Hier erwarten Sicherheitsexperten ernsthafte Konflikte mit den Projektgegnern. Dasselbe gilt für den Abbruch des Südflügels, der bei der Bahn derzeit noch im Herbst 2011 im Terminkalender steht.

Die Parkschützer-Initiative will bereits am Montagabend mit einer Sitzblockade im Schlossgarten ihre Gegenwehr gegen die erneuten Baumaßnahmen einläuten. Die Verlegung der Rohre sei eine "sinnlose Provokation", weil sie derzeit wegen anderer Probleme bei S21 gar nicht gebraucht würden, kritisiert die Initiative.

Die Bahn dürfe vor der geplanten Volksabstimmung keine Fakten schaffen, warnen die Grünen am Montag. "Bau und Vergabemaßnahmen mit irreversiblem Charakter vor dem Votum des Volks wären nicht nur psychologisch verheerend, sondern würden auch unkalkulierbare Risiken provozieren", so Fraktionschef Peter Pätzold.