Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) äußert sich zum Tatort. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das gibt es auch nicht aller Tage: Ein Politiker fühlt sich wegen einer fiktiven Sendung bemüßigt, eine Pressemitteilung herauszugeben. Jetzt geschehen im Fall von Fritz Kuhn und dem "Tatort" aus Stuttgart.

Stuttgart – Wenn Fiktion auf Wirklichkeit trifft: Nach dem ARD-„Tatort“ vom Sonntagabend, der das umstrittene Milliardenprojekt Stuttgart 21 zum Thema hatte, fühlte sich Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) am Montagmorgen bemüßigt, eine Pressemitteilung herauszugeben. Darin betonte der Rathauschef: „Der Film hinterlässt bei vielen Zuschauern den Eindruck, dass finanzstarke und korrupte Investoren in Stuttgart den Immobilienmarkt bestimmen. Das stimmt so nicht.“

Siehe auch: Unsere "Tatort"-Kritik

Kuhn stellte klar, dass es noch keinen Bebauungsplan gebe für die Gleisflächen, die durch das Bahnprojekt Stuttgart 21 freiwerden. „Die Bürger und der Gemeinderat entscheiden, wie und was dort künftig gebaut werden kann. Das wird keine Wiese für Heuschrecken.“ Er stehe zu seinem Wahlversprechen "Für Stuttgart bauen – nicht für Investoren". Nicht der Preis entscheide beim Verkauf von städtischen Grundstücken, "sondern das beste inhaltliche Konzept".

Thomas Adler, Chef der Fraktionsgemeinschaft von SÖS-Linke-PluS, findet harsche Worte für Kuhn Statement: Es sei "eine peinliche und überflüssige Belehrung der Öffentlichkeit darüber, dass ein Krimi ein Krimi und kein Dokumentarfilm ist." Dabei sei es offensichtlich, "dass finanzstarke Investoren den Immobilienmarkt und das Gesicht der Stadt Stuttgart bestimmen".

Sittler: Keine Doku, sondern Krimi

„Es ist kein Dokumentarfilm, sondern ein Krimi“, sagte Schauspieler und S-21-Gegner Walter Sittler. „Ich rege mich persönlich nicht darüber auf.“ Für ihn sei klar, dass der „Tatort“ nicht die Realität widerspiegele. Negative Reaktionen auf die Folge beim Südwestrundfunk (SWR) habe es keine gegeben, sagte eine Sendersprecherin. Das sei erfreulich, da die Zuschauer anscheinend den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Fiktion erkennen würden.

Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) twitterte bereits am Sonntagabend: „Ich habe nix vom #Tatort zu #S21 verstanden."

Aus Sicht eines Sprechers der "Parkschützer" wurde das Interessengeflecht zwischen Wirtschaft und Politik gut beschrieben. Er störte sich aber daran, dass die Gegner des Bahnprojekts „als Autoanzünder und Farbbeutelwerfer“ dargestellt wurden.

Das bis heute umstrittene Bahnprojekt bildete den Hintergrund für einen Kriminalfall, den das Stuttgarter Ermittlerduo Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) aufklären muss: Ein ehemaliger Staatssekretär wird beim Joggen ermordet, durch drei Schüsse eines Profikillers.

Die Ermittlungen führen die Kommissare mitten hinein ins S21-Geschäft: Mit der Tieflegung des Bahnhofs wird auch innerstädtische Fläche für lukrative Bauprojekte frei. Für solch ein Projekt, das sogenannte „Gleisdreieck“, hatten der indische Geldgeber und ein Architekt (Thomas Thieme) Landesmittel bekommen. Doch der Inder entpuppte sich als Hochstapler, das Projekt scheiterte und der Architekt wanderte ins Gefängnis. Hatte sich der ehemalige Staatssekretär im Bauministerium dafür schmieren lassen? Ein Untersuchungsausschuss des Landtags will das ergründen. Doch mittendrin wird der Ex-Staatssekretär ermordet.

Quotenmäßig hatte „Der Inder" am Sonntagabend die Nase vorn: 9,49 Millionen Zuschauer verfolgten den Krimi mit Richy Müller und Felix Klare. Der Marktanteil betrug 28,3 Prozent.