Seit Jahrzehnten Herzstück der Staatsgalerie: Lehmbrucks „Gestürzter“ Foto: Staatsgalerie Stuttgart

Wilhelm Lehmbrucks Skulptur „Der Gestürzte“ ist Publikumsliebling in der Staatsgalerie Stuttgart. Die „Stuttgarter Nachrichten“ melden: Ein mög­licher Verkauf auf dem Kunstmarkt ist ­abgewendet. Ein gelungener Schulterschluss, kommentiert „Stuttgarter Nachrichten“-Autor Nikolai B. Forstbauer.

Stuttgart - Der Kunstmarkt ist voller Widersprüche: laut, überheblich, auf stete Gewinnsteigerung bedacht. Das ist die eine Seite. Leise, empfindsam, ständig auf der Suche nach inhaltlichen Bezügen. Das ist die andere Seite. Die Reihe ließe sich fortsetzen: Das böse Geld und der schöne Inhalt, die pure Behauptung und die grundsätzliche Bedeutung.

Das Ziel: geräuschlose Einigung

Im öffentlichen Museum kreuzen sich all diese Realitäten, werden eins – oder sorgen für helle Aufregung. Vor allem dann, wenn geliehener Glanz offenbar wird und Sammler ihre Leihgaben abziehen. Den großen Knall? Kann es geben. Im besten Fall aber auch eine nahezu geräuschlose Einigung.

Eine solche ist der Staatsgalerie Stuttgart gelungen. Dass mit einem umfangreihen Werkblock des Bildhauers Wilhelm Lehmbruck ein Herzstück der Sammlung verloren zu gehen drohte, blieb im Verborgenen. Die Besitzer blieben ebenso in Deckung wie das Museum selbst. Ein Millionenpaket musste geschnürt werden – machbar nicht ohne nationalen Schulterschluss.

Schulterschluss für Lehmbruck

Das Paket ist nun fertig, das Aufatmen so groß wie berechtigt. Was für Besucher der Staatsgalerie Stuttgart so selbstverständlich ist – die Begegnung mit Wilhelm Lehmbrucks Hauptwerken „Der Gestürzte“ und „Die Sinnende“ – ist hart erkämpft. Ermöglicht durch das Land Baden-Württemberg und die Kulturstiftung der Länder, aber keineswegs eine Selbstverständlichkeit.

Wegweisend. Das ist ein großes Wort. Und doch gilt es hier. Wegweisend ist der Schulterschluss für Wilhelm Lehmbruck: für ein Werk, das, obgleich vor fast 100 Jahren entstanden, mehr denn je die Verletzbarkeit an sich zum Thema macht.

nikolai.forstbauer@stuttgarter-nachrichten.de