Lesung mit Niveau: StN-Kolumnist Joe Bauer im Plattencafé Ratzer Foto: Lichtgut

Mehr als 10 000 Besucher beteiligten sich an der Stuttgartnacht. OB Fritz Kuhn bewies dabei sein Geschick am Tischkicker, indem er die Spieler der Stuttgarter Kickers reihenweise alt aussehen ließ. Im Café Ratzer präsentierten sich StN-Kolumnist Joe Bauer und Rockmusiker Zam Helga.

Stuttgart - Er schwitzt in seinem weißen Hemd, sein Blick ist konzentriert, die Hand unruhig am Dreier und Fünfer, der Ehrgeiz steht ihm ins Gesicht geschrieben. Fritz Kuhn, der Grüne OB, hat sich im Rahmen der Stuttgartnacht im Club Schräglage Tischfußball-Duelle mit den Profis der Stuttgarter Kickers geliefert. Die Bilanz: „Drei Mal gewonnen, immer so 10:5 oder 10:6“, sagt der Oberbürgermeister nicht ohne Stolz.

Kuhn war einer der mehr als 10 000 Besucher, die die Kulturveranstaltung des Stadtmagazins „Lift“ rund um Musik, Kunst, Theater, Lesungen und dieses Jahr vermehrt auch Erotik wie Burleske und Travestie in 70 teilnehmenden Locations aus der Hochkultur wie dem Literaturhaus bis hin zu Subkultur wie eben der Schräglage besucht haben. Trotz Bahnstreik haben also viele Kulturfreunde den Weg in den Kessel gefunden.

Dass Kuhn die Kickers beim Tischfußball vorgeführt hat, schreibt er seinem Training zu. „Wir haben zuhause seit 15 Jahren einen Tischkicker stehen. Dort habe ich über Jahre mit meinen Söhnen gespielt, bis sie zum Studieren ausgezogen sind“, sagt Kuhn.

Bei der Burleske-Show war das Eis schnell gebrochen

Axel Steinbeck, Geschäftsführer der Schräglage, deutet den Besuch Kuhns positiv. Steinbeck lag lange mit der Stadt im Clinch. Es ging darum, ob die Partylocation eine Clubkonzession bekommt, also die Einordnung, als „Versammlungsstätte mit Tanz“ zu gelten. „Es ist cool, dass Kuhn hier ist“, sagt Steinbeck. Viele in der Stuttgarter Clubszene fühlten sich in der Vergangenheit von der Stadt gegängelt und haben sich unter anderem in dem Verein Follow The White Rabbit e.V. für mehr Clubkultur in Stuttgart engagiert – obwohl die Zahl der Clubs in Stuttgart steigend ist. Dass Kuhn nach seinem Besuch des 15-jährigen Jubiläums des Deutsch-Türkischen Forums im Rathaus die Schräglage besucht hat, sei als positives Zeichen zu werten, die Gespräche zwischen Stadt und Clubs trügen Früchte, so Steinbeck.

Viel reservierter als am Tischkicker habe Kuhn dagegen bei der Verleihung des regionalen Musikpreises MARS Award vergangenes Jahr im Planetarium gewirkt, wenn man einer jungen Dame Glauben schenkt. ZouZou la Vey und Lilli Luger haben den Besuchern des Keller Klubs mit der Burlesque-Show „Kätzchenball“ eingeheizt, wobei sich das Publikum dicht an dicht um beide Künstlerinnen drängte.

„Auch beim MARS Award habe ich getanzt – und plötzlich stand ich vor dem Oberbürgermeister, der in der ersten Reihe saß. Aber er ist sehr ruhig geblieben“, sagt die 24-jährige Zou la Vey. Bei der Show am Samstag im Keller Klub war das Eis schnell gebrochen. Das Publikum bekommt nicht alle Tage eine frivole Burlesque-Show zu sehen.

Auch im Plattenladen Ratzer Records konnte Joe Bauer, Kolumnist der Stuttgarter Nachrichten, zusammen mit dem Rockmusiker Zam Helga das Publikum mit einer „konzertanten Lesung“ mitreißen. Weitere besonders gut besuchte Anziehungspunkte waren der Jazzclub Bix und die Leonhardskirche mit der A-Cappella-Formation „Füenf“. Auch die Stuttgartnacht-Erstteilnehmer Frau Blum, ein Erotikladen im Westen, und die Theaterbühnen Spielstätte Ost sowie das Theater La Lune waren Publikumsmagnete. Wohin es Kuhn nach seinen Tischfußball-Duellen zog, wollte er nicht verraten. „Ich werde mich einfach treiben lassen“, so der OB. Eine Idee, die bei der Stuttgartnacht funktioniert haben dürfte.