Das Landgericht Stuttgart hat einen Hypnotiseur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt Foto: dpa

Das Landgericht Stuttgart hat einen Hypnotiseur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er soll sich an Patientinnen vergangen haben.

Stuttgart - Es geht um Depressionen, um durch sexuellen Missbrauch erlittene Traumata oder ganz simpel um Übergewicht. Mittels Hypnose suchen manche Menschen einen Weg aus ihrer Pein. Dass man dabei an den falschen Therapeuten geraten kann, zeigen zwei Fälle aus Stuttgart und Ludwigsburg.

Im Februar 2015 verurteilt das Amtsgericht Bad Cannstatt einen heute 63 Jahre alten Mann, der sich tiefenpsychologischer Hypnoseanalytiker nennt, zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis. Der Therapeut mit Praxis in Stuttgart sei des sexuellen Missbrauchs unter Aussnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses schuldig. Trivial formuliert: Er habe sich an zwei seiner Klientinnen vergangen. Zwei Jahre und drei Monate – bei dieser Strafhöhe ist keine Bewährung möglich.

„Ich habe die Behandlung nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt“, sagt der Therapeut und: „Ich kann nicht etwas zugeben, das ich nicht getan habe.“ Er ficht das Urteil in der Berufung vor dem Landgericht Stuttgart an.

Weinend die Praxis verlassen

Der erste Vorfall soll sich Mitte Mai 2012 ereignet haben. Damals lag eine 43-jährige Frau auf der Liege des Angeklagten. Sie litt unter dem Trauma eines sexuellen Missbrauchs, den sie als Kind erlitten hatte. Sie will raus aus ihrem Traumakäfig, sie will Erleichterung. Es ist die zweite Sitzung. Laut Anklage habe der Mann seine Patientin in Hypnose versetzt, um sich schließlich an ihr zu vergehen. Als sie erwacht, merkt sie, dass ihre Kleidung in Unordnung ist. Sie verlässt weinend die Praxis. Laut Amtsgericht habe eine Retraumatisierung der Frau stattgefunden.

Fall zwei, Mitte Mai 2013: Eine Patientin sucht Hilfe gegen ihre Depressionen und gegen ihr Übergewicht. Die Hypnose funktioniert nicht. Trotzdem soll der Therapeut zudringlich geworden sein. Die Frau verlässt empört die Praxis. Der Angeklagte habe die Opfer zu Objekten degradiert, so das Gericht. Der nicht vorbestrafte Hypnotiseur bestreitet die Vorwürfe. Seine Praxis ist inzwischen geschlossen.

Opfer müssen aussagen

Der ehemalige Rettungssanitäter und Sicherheitsdienstmitarbeiter zieht vors Landgericht. Der Vorsitzende Richter der Berufungskammer stellt eine Bewährung in Aussicht – falls ein Geständnis komme. „Er hat es nicht gemacht, wir wollen keine taktischen Spielchen“, sagt der Verteidiger. Es muss verhandelt werden, den Opfern bleibt die Aussage nicht erspart.

Nach der zeitweise nicht öffentlichen Verhandlung hebt das Gericht das erste Urteil auf und mildert es auf zwei Jahre Gefängnis, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Der Hypnotiseur muss 100 Arbeitsstunden ableisten und 1500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung bezahlen. Ob er erneut dagegen vorgeht, ist unklar.

Erst vor einer Woche hatte das Amtsgericht Ludwigsburg einen leidlich aus Funk und Fernsehen bekannten Hypnotiseur zu eineinhalb Jahren Gefängnis auf Bewährung und zur Zahlung von 3000 Euro Schmerzensgeld verurteilt. Der 40-Jährige soll eine Patientin in seiner Ludwigsburger Praxis sexuell missbraucht haben. Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre und sechs Monate Gefängnis gefordert, da die Übergriffe als Vergewaltigung zu werten seien. Es ist anzunehmen, dass sich erneut eine Berufungskammer mit diesem Fall befassen muss.