Laut SSB gibt es Foto: Archiv Leif Piechowski

Am Bahnsteig der Haltestelle Löwentor sind zwei Zweijährige von ihren Erzieherinnen getrennt worden.

Stuttgarter Norden - Es ist der Albtraum jeder Erzieherin: Das anvertraute Kind ist weg – eingeschlossen in einer Stadtbahn. Die Tür geht nicht mehr auf. Alles Rufen und Gestikulieren hilft nichts. Der Zug fährt los. Das Kind ist allein, sich selbst und den anderen Fahrgästen überlassen.

Erst vor wenigen Tagen hat sich diese Szene an der Haltestelle Löwentor abgespielt. Eine Kita aus dem Stuttgarter Norden hatte den Wasserspielplatz in der Nähe der Stadtbahn-Station aufgesucht. Auf dem Rückweg zur Einrichtung passierte es: „Ich hatte drei Kinder in einem Wagen und zwei waren zu Fuß unterwegs. Als die Bahn kam, stellte ich einen Fuß in die Tür, damit sie aufbleibt, um mit allen Kindern und dem Gefährt einzusteigen“, schildert die Erzieherin Celine Müller (alle Namen von der Redaktion geändert) die Situation. Ein Mädchen und ein Bube gingen schon einmal in die Bahn. Doch plötzlich sei die Tür zugegangen. Den ersten Versuch habe sie noch verhindern können. „Ich habe mich gegen die Tür gestemmt, aber dann wurde ich vom Mechanismus rausgedrückt“, sagt Müller. „Ich war schockiert, habe gedrückt, geklopft, gewunken, zum Fahrer geschaut, versucht mich bemerkbar zu machen. Und auch die Leute in der Bahn haben versucht, die Türe aufzumachen, aber der Zug fuhr einfach los.“ Die beiden Kinder, noch nicht einmal drei Jahre alt, waren allein.

Die Erzieherin und ihre Kollegin ließen keine Zeit verstreichen, informierten die Kita-Leitung und baten einen Stadtbahn-Fahrer um Hilfe, der gerade auf dem anderen Gleis zum Stehen kam. Letztendlich fuhr eine Pädagogin mit dem nächsten Zug den Kindern hinterher, während eine Kollegin am Löwentor wartete. „An der nächsten Haltestelle stand dann ein Pärchen mit den Kindern am Bahnsteig und hat auf uns gewartet. Ich war so unglaublich froh und erleichtert“, sagt Celine Müller und atmet noch einmal tief durch. „Die Hausleitung hat sofort einen Brief an die Stuttgarter Straßenbahnen geschrieben.“

Kundenservice der SSB empfiehlt, vorne einzusteigen

Und die SSB hat auch umgehend reagiert: „Wir haben uns beim Kindergarten entschuldigt. Der Fahrer hat die Situation wohl nicht einsehen und bewerten können“, heißt es in der Pressestelle. Manchmal sei keine freie Sicht auf alle acht Türen möglich. Auch sei nicht immer eindeutig, ob jemand gerade die Bahn verlassen habe oder noch einsteigen wolle. „Der Kundenservice empfiehlt, möglichst vorne in der Nähe des Fahrers an der ersten oder zweiten Tür einzusteigen, so dass es leichter ist, die Situation einzusehen.“ Zum Thema Schließautomatik erklärt die SSB, dass die Türen zwei Sicherheitseinrichtungen haben: Zum einen die Fühlleiste im Türgummi und zum anderen die Lichtschranke. „Niemand kann eingeklemmt werden“, sagt eine SSB-Pressesprecherin. Sobald aber länger als drei Sekunden weder der Kontakt am Einstieg noch die Lichtschranke unterbrochen seien, würden sich die Türen schließen.

„Glücklicherweise kommt es selten zu solchen Situationen wie jüngst am Löwentor.“ Zudem würden sich viele Einrichtungen im Vorfeld informieren, wie sie am besten mit so kleinen Kindern fahren oder einsteigen sollen. Die SSB biete auch zweimal jährlich Seminare zum Thema „Sicher unterwegs mit Bus und Bahn“ an. „Die Erzieherinnen trifft aber definitiv keine Schuld. Ich bin ihnen sehr dankbar für ihren Einsatz“, sagt Eva Burkhart. Ihr zweijähriger Sohn Kurt war eines der beiden Kinder in der Bahn. „Auch das Pärchen hat toll reagiert. Von der SSB hätte ich mir hingegen gewünscht, dass sie sich nicht nur an den Kindergarten wendet, sondern auch an uns Eltern. Und dann hat sie auch noch so ein läppisches Standardschreiben verfasst.“ Letztendlich sei aber natürlich das Wichtigste, dass ihrem Sohn nichts passiert ist.