Wirt Bernd Heidelbauer (stehend) in seinem legendären Lokal Bernds Lädle in den 1980ern. Foto: Archiv

Generationen von Stuttgartern bekamen bei ihm Kaffee und Ratschläge fürs Leben. Sein Lokal Bernds Lädle wurde Ende der 1970er das erste Frühstückscafé der Stadt. Am Samstag feiert Bernd Heidelbauer seinen 70. Geburtstag.

Stuttgart - Als er dreißig geworden ist, sagt Bernd Heidelbauer, hat er sich viel schlechter gefühlt als heute. Der 70. Geburtstag, den er am Samstag „mit meiner Muse“ am Bodensee feiert, gibt ihm „Ruhe und Gelassenheit“. Der Wirt, der Generationen von Stuttgartern in Bernds Lädle Kaffee und Ratschläge fürs Leben serviert hat, ist mit sich im Reinen, will in der Kultur noch was bewegen und muss sich nichts mehr beweisen.

Nicht mehr Geld und Ruhm sind’s, die ihn antreiben. Freundschaften bedeuten für ihn Reichtum. Als „Menschenfischer“ sieht er sich. Zeitlebens hat er als „Gastrosoph“ versucht, Brücken zu bauen und unterschiedliche Charaktere zusammenzubringen.

Rommel nannte ihn „Koasakenhauptmann“

Ein Leben der Gegensätze: 30 Jahre fuhr der Bernd, der alle duzt, einen Rolls-Royce. Seit über zehn Jahren ist er mit dem Seniorenticket von VVS und der SSB unterwegs.

Stuttgarts Ehrenbürger Manfred Rommel nannte den stets dunkel Gekleideten mit dem nun weißen Rauschebart und dem reichlichen Schmuckbehang, der 2004 als OB-Kandidat angetreten ist, „Kosakenhauptmann“. In Benningen am Neckar ist Heidelbauer aufgewachsen. Seine Mutter betrieb einen Tante-Emma-Laden, sein Vater war Malermeister. „In diesem familiären Umfeld habe ich Grundkenntnisse der Mensch-, Genuss-, und Lebensmittel erworben“, sagt er. Der Bub ging in die höhere Schule nach Marbach. Die Haare lang, die Ambitionen groß. Das gab Stunk. Mit 17 Jahren zog er nach Stuttgart. Für ihn war diese Stadt „das Tor zur Welt mit seiner Offenheit, Buntheit, Andersartigkeit“.

Spannende Jahre in München

Sein Lehrherr Fritz Böhm drückte ihm fünf Mark in die Hand, damit er zum Friseur ginge. 20 Jahre später, als Heidelbauer von Begum Aga Khan seinen Rolls Royce gekauft hatte, fuhr er beim Böhm vor, um zu zeigen, was der langhaarige Lehrbub geschafft hat.

In Stuttgart schloss er als Leiter der Käseabteilung ab und heuerte bei Feinkost Käfer in München an. Dort zog er mit der vor wenigen Tagen verstorbenen Christine Kaufmann um die Häuser und wohnte mit Christine McVie von Fleetwood Mac in einer WG. Beim Rückblick erinnert er sich an einen „intensiven Umgang mit ungewöhnlichen Menschen“, von dem er bis heute profitiere.

1979 ging’s über Berlin in die Heimat zurück. An der Charlottenstraße eröffnete er Bernds Lädle, das zum ersten Frühstückscafé in Stuttgart wurde. Da saßen die Menschen im Schaufenster, nicht mehr im Verborgenen hinter Butzenscheiben. Der Laden brummte von morgens um 6 Uhr an. Sogar Mick Jagger war mal da, der spätere OB-Kandidat Sebastian Turner bat um eine Anzeige in der Schülerzeitung, und der damalige Schauspielschüler Ulrich Tukur half hinterm Tresen mit.

In New York wurde er abgezockt

1988 wollte Bernd als Wirt New York erobern. Man nannte ihn den „König von Württemberg“. Doch der Manager der Basketballtruppe Harlem Globetrotters zockte ihn ab und vermietet ihm ein Lokal, das einem anderen gehörte. Eine Million Mark verbrannte der Schwabe. Nach einem Jahr kehrte er zurück und wusste, „dass ich hierher gehöre“. Nun hält er in Stuttgart Hof und will noch möglichst lange nach Menschen fischen. Nur mit Mitläufern bleibt eine Stadt blass – Originale sind’s, die eine Stadt kunterbunt voranbringen.