Das Stuttgarter Sommerfest hat begonnen - zum Auftakt gab es nicht nur einen Geburtstagskuchen ... Foto: www.7aktuell.de |

Sommer, Sonne, Stadtfest. So muss es sein. Aber nicht alle sind von der tropischen Hitze begeistert. Wirtin Conny Weitmann fürchtet: Die extreme Hitze schmälert den Umsatz.

Stuttgart - Viel zu heiß: Kaiserwetter und kein Donnerwetter. 35,5 Grad Celsius. Eigentlich müssten die Gastronomen um die Wette frohlocken. Tun sie aber nicht. Conny Weitmann, Sommerfest-Wirtin seit 1991, also seit Anbeginn, ist es viel zu heiß: „Schlecht für uns ist, wenn es regnet. Aber zu heiß ich auch nicht gut. Denn dann kommen die Leute erst später und ein Teil des Umsatzes am Nachmittag und in den frühen Abendstunden fällt weg.“

Nachspielzeit? Die Stuttgarter Party-Löwen werden es gerne hören. Conny Weitmann würde das Sommerfest am liebsten um einen Tag verlängern. Vier statt fünf. Die Kosten für Aufbau, Zeltmiete und Infrastruktur seinen viel zu hoch. Im Schnitt zahlen die Wirte 4000 Euro Miete. Für große Stände müssen Gastronomen sogar 10 000 Euro berappen. „Wenn es von vier Tagen einen Tag regnet, machen wir Verluste“, sagt die Gastronomin. Aber was sagen ihre Kollegen dazu? Wollen sie auch am Montag weiter feiern? Eine kleine Umfrage unter den Wirten ergab: Fast alle finden die Idee von Conny Weitmann gut. Man sollte in die Verlängerung gehen.

Volksmund: Warum heißt das Sommerfest eigentlich immer noch Sommerfest? 25 Jahre Tradition ändert man nicht, sagen die einen. Alles Quatsch, die anderen. Und die anderen scheinen in der Mehrzahl zu sein. „Ich gehe heute aufs Stadtfest“, sagt der Stuttgarter. Der Volksmund tut Wahrheit Kund. Selbst die Veranstaltungesellschaft „in. Stuttgart“ schreibt in ihrer Pressemitteilung zum 25-Jährigen Jubiläum: „Stuttgart genießt sein Stadtfest.“ So oder so: Dieses Fest ist eine Liebeserklärung an den Stadtsommer.

Kultgetränk: Bettina Fuchs, die Citymanagerin, genießt ihren Rundgang in vollen Zügen. Auch wenn es ihr ein bisschen zu heiß ist. „Am liebsten würde ich heute testen, wo es das kälteste Weinschorle gibt.“ Aber bei 30 Wirten bekäme sie wohl nach Ende des Test-Laufs um die weißen Zelte einen gehörigen Rausch. „Daher blase ich den Test ab“, sagt sie augenzwinkernd, stößt an und prophezeit: „Das Weinschorle wird dieses Mal bei der Bullenhitze bestimmt das Kultgetränk beim Stadtfest.“ Die Preise für ein Weißweinschorle variieren zwischen 4 Euro und 4,50 Euro. Ein Aperol Sprizz kostet in der Regel 6.50 Euro. Man sieht: Auch ein Schorle-Rausch kann teuer werden.

Stillstand ist Rückschritt: „Wir sind bestrebt, das Fest immer weiter zu entwickeln“, sagt Andreas Kroll vom Veranstalter zum offiziellen Start. Kurz danach schwebte Klaus Renz, Punktlander und Fallschirmspringer, am Eckensee ein. Es war sein 7000. Sprung. Passend zum 25-Jährigen der Stuttgarter Sommergaudi.

Kein Rote-Wurst-Fest: Das Sommerstadtfest steht für Klasse, Stil und Genuss. Die Stadionwurst ist hier verpönt. Aus diesem Grund ist Philipp Rouf mit seinem „Le Pastis“ zum ersten Mal am Start. „Man hat mich gebeten, mitzumachen, um das Niveau des Festes wieder etwas anzuheben“, sagt der Wirt. Ruof kredenzt seinen Gästen am Schlossplatz „ambitionierte französische Schmankerl“, wie er seine Speiseauswahl nennt. Zum Beispiel ein Filet vom Charolais-Rind mit Kartoffeln Lyon und Pfifferlingen. Preis: 29,50 Euro. Ohlala!

Sündhaft teuer: Richtig exklusiv wird es im „Le Pastis“ jedoch an der Beluga-Bar. Wie der Name sagt, sündigt der Gast hier verteufelt nobel Beluga-Kaviar und Belogua-Wodka. Laut Ruof ist es der beste Wodka, den Russland zu bieten hat. Das Gedeck auf einem feinen Holztäfelchen mit drei Schnapsgläsern Wodka und drei Löffelchen Kaviar gibt’s für 85 Euro. Natrovje. Oder wie der Schwabe sagt: Proscht.

Niveau II: Manche Wirte beklagen inzwischen den Verfall der Sitten. Bettler und Pfanddiebe gehen um. Manche klauen sogar die Gläser der Gäste sogar dreist von den Tischen. Conny Weitmann, die Wirtin der ersten Sommerfeststunde, hat daher erstmals einen Sicherheitsdienst engagiert.

Trittbrettfahrer: Wem’s am Eckensee oder auf dem Schlossplatz zu eng war, huschte hinüber auf den Karlsplatz. Dort boten die Gaumenfreude, wie jeden Donnerstag, ihre Genussweltreise an. Mit dabei Sven Wagner mit seinen Langos, einer ungarischen Spezialität. „Wir werden heute gute Geschäfte machen“, freute sich Wagner, „dem Stadtfest sei dank.“ Wagner kommt aus Backnang. Aber selbst dort sagt offenbar kaum einer „Sommerfest“. Es lebe das Stadtfest.