Hussein Salem spielt gerne Schach. Er will nach der Schule Maschinenbau studieren. Foto: bopicture/Talent im Land

Sie sind jung, begabt, motiviert und engagiert. 53 Schülerinnen und Schüler sind in das Programm „Talent im Land“ aufgenommen worden. Sie hatten bisher alle kein leichtes Leben.

Stuttgart - Als junge Flüchtlinge sind Hamzeh, Hussein, Leen und Fares vor zwei Jahren nach Stuttgart gekommen. Sie sprachen kein Deutsch, alles war neu. Doch sie haben sich nicht unterkriegen lassen, sondern die Chance ergriffen. Ähnliches gilt für Schamsseldoha und Rashida, die unter schwierigen Bedingungen in Stuttgart groß geworden sind und dennoch sehr gute Noten und Engagement vorweisen können. Dafür dürfen sich die sechs an diesem Mittwoch im Beisein von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) im Haus der Wirtschaft feiern lassen – und nicht nur sie. Insgesamt 53 Schülerinnen und Schüler aus Baden-Württemberg sind seit dem 1. September „Talent im Land“.

Das gleichnamige Programm, finanziert von der Baden-Württemberg Stiftung und der Robert Bosch Stiftung, fördert seit dem Jahr 2003 begabte, engagierte junge Schülerinnen und Schüler aus schwierigen Lebensverhältnissen.

Mehr als 700 junge Menschen sind über das Programm gefördert worden

„Wir sind der Meinung, jeder Schüler sollte die Chance bekommen, seine Potenziale zu entfalten“, erklärt die Projektmitarbeiterin Katie Rogers. Eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein, doch die Realität in Deutschland sieht seit vielen Jahren anders aus. Der Bildungserfolg hängt stark von der soziale Herkunft ab. Kinder mit Migrationshintergrund und Arbeiterkinder sind laut dem aktuellen Nationalen Bildungsbericht besonders benachteiligt. „Talent im Land“ setzt hier an.

Die Stipendiaten sind allesamt leistungsbereit und engagiert. Einige, wie Schamsseldoha, weisen exzellente Noten auf. Diese sind allerdings keine Pflicht, das Abitur sollte laut Rogers aber erreichbar sein. Im Bewerbungsprozess werde die gesamte Situation in Betracht gezogen.

Mehr als 700 junge Menschen sind über „Talent im Land“ bereits gefördert worden. Vom Start-Up-Gründer über die Ärztin bis zum Dirigenten, die Stipendiaten hätten vielfach bemerkenswerte Karrieren hingelegt, so Rogers. Sie seien natürlich auch ein Ansporn für die jetzigen Stipendiaten.

„Diese Jugendlichen haben unfassbar viel erlebt, aber auch unfassbar viel zu bieten“, sagt sie. Das gelte nicht nur für die Flüchtlingskinder unter den Stipendiaten, sondern auch für diejenigen, die hier aufgewachsen sind. Sehr viele der Jugendlichen seien in Armut groß geworden, bei einigen seien Elternteile verstorben oder der Alltag sei von schweren chronischen Erkrankungen in der Familie geprägt. „Manche haben so viele Herausforderungen zu meistern, da ist schon ein Dreierschnitt auf dem Gymnasium eine beachtliche Leistung,“ sagt Rogers. Sie leisteten bereits Unglaubliches allein durchs Durchhalten.

Viele Stipendiaten aus Syrien

Insgesamt sind in diesem Jahr mehr als 300 Bewerbungen für das Stipendium beim Büro von „Talent im Land“ in Tübingen eingegangen. Von den 53 Stipendiaten des 2017-er Jahrgangs sind 24 in Deutschland geboren, bei den restlichen liegt das Geburtsland Syrien vorne: zwölf Stipendiaten stammen aus dem Bürgerkriegsland.

Sie alle können sich nun über eine monatliche Unterstützung (der Regelsatz beträgt 150 Euro), persönliche Beratungen, Stipendiatentreffen, Sommerakademien und weitere Bildungsangebote freuen. „Für mich ist das sehr hilfreich“, sagt zum Beispiel Hussein Salem. Der Waldschüler lebt in einer vom Jugendamt betreuten Wohngemeinschaft, seine Eltern sind noch in der Türkei in einem Flüchtlingslager. „Sie sind sehr stolz auf mich“, sagt der Schüler. Ihn hat sein bisheriges Leben gelehrt: „Wenn man etwas will, muss man dafür kämpfen. Auch wenn es schwierig ist.“