Trotz teuerer Tickets keine Entspannung bei den Verkehrbetrieben Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Mit interaktiver Grafik - Auf die Kunden des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS) kommt am 1. Januar 2016 ein Fahrpreisaufschlag von im Schnitt wohl 2,4 Prozent zu. Die Stuttgarter Straßenbahnen AG sieht darin eine Verschärfung ihrer Defizitprobleme.

Stuttgart - Auf die Kunden des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS) kommt am 1. Januar 2016 ein Fahrpreisaufschlag von im Schnitt wohl 2,4 Prozent zu. Die Stuttgarter Straßenbahnen AG sieht darin eine Verschärfung ihrer Defizitprobleme.

„Wir haben eine Kostensteigerung von 2,9 Prozent für das Jahr 2013/14 gemeldet, wissen aber, dass diese als Preissteigerung am Markt nicht durchsetzbar sein wird“, sagt Stefanie Haaks. Sie ist seit April kaufmännischer Vorstand im städtischen Nahverkehrsunternehmen. Mit Blick auf die weiteren Verkehrsdienstleister im Verbund schätzt Haaks einen Aufschlag von 2,4 oder 2,5 Prozent. Letztlich spielt die Politik bei der Feinjustierung hinter dem Komma eine Rolle.

Zwar profitieren auch die SSB seit Monaten vom prozentual nahezu zweistelligen Rückgang des Dieselpreises für den Busbetrieb, andererseits fallen aber erhebliche Investitionskosten für die Erneuerung der Stadtbahnflotte und den Unterhalt der Gleistrassen an. Die zweite Tranche mit 20 neuen Stadtbahnwagen wird erneut rund 80 Millionen Euro kosten und muss mangels Zuschüssen über Kredite finanziert werden.

Nach bisheriger Planung müssen im Jahr 2029 weitere 76 Fahrzeuge beschafft werden. Weil ihre Schieneninfrastruktur anders als bei der von der Bahn AG betriebenen S-Bahn allein von den SSB genutzt wird, gibt es keinen Mitzahler.

Preisaufschlag soll am 18. Mai verhandelt werden

Angesichts des strukturellen Defizits wird bei den SSB die nächste der 1992 begonnenen Restrukturierungsrunden eingeläutet. „Wir schauen, wo wir Erlöse steigern und Kosten senken können, dazu holen wir uns externe Fachleute ins Haus“, beschreibt Haaks das übliche Vorgehen.

Der Preisaufschlag im VVS soll am 18. Mai im Tarifausschuss unter den Verkehrsunternehmen verhandelt werden. Der VVS-Aufsichtsrat und der Verkehrsausschuss des Verbands Region Stuttgart (VRS) sollen das Thema noch vor der Sommerpause aufrufen. Die formale Entscheidung zur Durchschnittserhöhung soll am 8. Juli beim VVS fallen, im Herbst werden dann die neuen Ticketpreise bekanntgegeben.

Trotz Aufschlägen von 2,9 Prozent im Schnitt der letzten zehn Jahre konnte der Verbund immer mehr Fahrgäste anziehen. 2007 und 2009 waren zwar Jahre der Stagnation, 2013 und 2014 lagen die Zuwächse aber bei 3,2 und 2,4 Prozent. Auch im ersten Quartal 2015 sollen deutlich mehr Fahrgäste gezählt worden sein. Genaue Zahlen gab es in dem am Mittwoch tagenden VVS-Aufsichtsrat allerdings nicht.

Der Kostendeckungsgrad über die Tickets: rund 60 Prozent

Wegen des Zuwachses an Fahrgästen lag der VVS-Einnahmezuwachs über den jeweiligen Preiserhöhungen. Den Grund für seine Attraktivität sieht der Verbund in Angebotsverbesserungen, also dem Ausbau des Streckennetzes und Taktverdichtungen.

Eine Rolle spielt laut Haaks aber natürlich auch die Wirtschaftskraft der Region mit Zuzügen. Andere Verbünde kämpften mit stagnierender Bevölkerungsentwicklung. Dennoch bleibt der Kostendeckungsgrad über die Tickets bei rund 60 Prozent. Der Rest sind über Umlagen finanzierte Zuschüsse des VRS und bei den SSB ein Verlustausgleich durch Geldanlagen der Landeshauptstadt.

"Probleme der S-Bahn sind hausgemacht"

Die Schieflage der SSB und die Probleme der von der Deutschen Bahn AG betriebenen S-Bahn will die Fraktion der Grünen im Gemeinderat diskutieren. Die Probleme der S-Bahn mit Verspätungschaos und defekten Schiebetritten bei den neuen Zügen seien „hausgemacht“, heißt es dort.

Man müsse sich daher die Frage stellen, ob die Bahn AG in gleichem Umfang wie andere Betriebe von der Fahrpreiserhöhung profitieren könne. Oder ob es möglich sei, einen Abschlag für die schlechtere Qualität einzuführen.

Ein Thema für den SSB- und den VVS-Aufsichtsrat werden auch Angebotsverbesserungen sein. Manch neue oder verlängerte Linie ist allerdings eher politischem Druck oder dem Prestige als wirklicher Nachfrage geschuldet. So betrachten die SSB den Buspendeldienst zwischen Neckar und Flughafen mit Sorge.