Blick auf die Konrad-Adenauer-Straße: über die tief gelegenen Fahrbahnen der B 14 ist abschnittsweise ein begrünter Deckel gelegt worden, der Rest ist Verkehrsschneise geblieben. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Sie ist die Hauptschlagader des Stuttgarter Verkehrssystems und städtebaulich ein ungelöstes Problem: die B 14. Vor sieben Jahren sind die letzten Tunnelbaupläne gescheitert. Jetzt wird wieder versucht, die Schneise für Passanten überwindbar zu machen.

Stuttgart - Die Verkehrsplaner im Rathaus bereiten wieder einen städtebaulichen Wettbewerb vor, bei dem es um die Neugestaltung der Kulturmeile in Stuttgart gehen soll – diesmal aber nicht nur um sie. Städtebaubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) und Chefverkehrsplaner Stephan Oehler wollen vielmehr, wenn der Gemeinderat grünes Licht gibt, für drei Abschnitte der B 14 zwischen Gebhard-Müller-Platz und Österreichischem Platz Ideen einholen. Alles ist erlaubt, auch ein neuer Tunnelvorschlag. Aber die Verwaltung will auch klar aufzeigen, dass es im Untergrund schon allerhand Hindernisse wie Kanäle, Stadtbahntunnel und einen Fußgängertunnel zwischen Landtag und Haus der Abgeordneten gibt.

Die alte Streitfrage, ob es beim Opernhaus einen Fußgängerüberweg geben sollte, ist quasi im großen Paket enthalten. Aber der Verwaltung geht es um mehr: um eine übergeordnete Idee für die B 14, wie sie urbaner werden könnte, wie man die Straßenränder verändern und dem Monstrum aus der Ära der autogerechten Stadt Aufenthaltszonen und Radfahrwege abringen könnte. Man will dazu mehrere Planungsbüros einladen, sie mit einem Kolloquium einstimmen und den Wettbewerb noch 2017 zu Ende bringen.

Tunnelbau? 2009 legten die Stadtväter den Rückwärtsgang ein

Man könnte ja meinen, das wäre kropfunnötig, denn speziell über die Kulturmeile ist schon 50 Jahre gehirnt worden. Selbst Größen wie der damalige Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) machten mit. 2009 scheiterten die vorerst letzten Tunnelbaupläne. Der damalige OB Wolfgang Schuster (CDU) hatte nach der ersten Stufe eines Wettbewerbs zunehmend skeptische Kommentare abgegeben. Im Frühjahr 2009 legte er den Rückwärtsgang ein. Auch der Gemeinderat verwarf die Tunnelbauabsicht. Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise machte es ihnen leicht, den Rückzug mit finanziellen Unwägbarkeiten zu begründen. Tatsächlich war auch Ernüchterung eingekehrt. Tenor: Der Gewinn für das Stadtbild, für Passanten und Anwohner sei zu gering im Verhältnis zu den 70 oder 80 Millionen Euro, die für den Tunnelbau und die Gestaltung der Oberfläche notwendig würden. Denn rund 45 000 der fast 110 000 Autos pro Tag würden weiterhin oben fahren. Seither spricht vom Tunnel kaum mehr jemand. Bürgermeister Pätzold hat davon sowieso nie etwas gehalten.

Will man die Schneise dennoch zähmen, könnte man frühere Papiere herausziehen:

Ansatz Nummer 1: Der Landesverband der Deutschen Akademie für Architektur und Landschaftsplanung (DASL) hat 2003 einen Cityboulevard wie die Champs-Élysées in Paris vorgeschlagen – ohne Tunnel. Also eine Vorzeigestraße, die trotz Autoverkehr für Flaneure attraktiv sein könnte.

Ansatz Nummer 2: Der Wettbewerb, der OB Schuster resignieren ließ, fand seinen Sieger im Büro Auer + Weber (Stuttgart/München) mit den Landschaftsarchitekten von Lützow 7 (Berlin). Sie wollten die unverzichtbaren Fahrbahnen über einem Tunnel durch einen elf Meter breiten Grünstreifen trennen, 163 Bäume pflanzen und der Achse Querungen verpassen.

Ansatz Nummer 3: Die städtischen Verkehrsplaner möchten die Fahrbahnen in der Mitte konzentrieren und an den Rändern öffentlichen Raum gewinnen.

Die Potenziale der Neugestaltung sollen neu bestimmt werden

Warum braucht man trotzdem wieder einen Wettbewerb? Nun, sagt Verkehrsplaner Oehler, man wolle einen neuen Blick auf die B 14 werfen, ehe man Aufträge vergebe „für diese Stadtreparatur“ am Ergebnis des Neuaufbaus nach dem Krieg. Vielleicht könne man die früheren Denkrichtungen zusammenführen. Jedenfalls, meint auch Bürgermeister Pätzold, hätten sich Rahmenbedingungen wie Autoströme und Randbebauung – verändert. Es sei Zeit, die Potenziale neu zu bestimmen, die eine Neugestaltung bietet – nicht nur auf der Kulturmeile.

Der Bereich mit Leonhardskirche und Breuninger-Parkhaus ist für Oehler gar „der zentrale Abschnitt“, wo mehr Aufenthaltsqualität und Verbindung zwischen Stadtvierteln erreichbar wären. Allein schon den Rand beim Schwabenzentrum neu zu ordnen, könne viel Stadtqualität bringen. Mit dem seit Jahren erwünschten Betondeckel über der B 14 das neue Dorotheen-Quartier und das Bohnenviertel zu verbinden würde technisch und finanziell aber aufwendig.