Umbauarbeiten zum Kinderhospiz beginnen: 15 Vertreter von Kirche, Stadt und Land sowie Aktive aus der Hospizbewegung stehen für den symbolischen Spatenstich parat Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Drei Jahre lang wurde verhandelt und geplant. Nun ist es so weit: Der Bagger steht bereit. Kommende Woche beginnen an der Diemershaldenstraße die Bauarbeiten für das erste stationäre Kinderhospiz in Baden-Württemberg.

Stuttgart - Genau genommen waren es mehr als ein Dutzend Spatenstiche, mit denen die Baumaßnahmen am Freitag eingeleitet wurden. 15 Vertreter von Kirche, Stadt und Land sowie Aktive aus der Hospizbewegung vollzogen gemeinsam die symbolische Geste. Auch sonst gilt: Das Kinderhospiz verbindet. Bezugsfertig sollen die neuen Räume bis zum Sommer 2017 sein.

Schon jetzt gibt es ein gut funktionierendes Netzwerk von Personen und Institutionen, die sich ideell und finanziell engagieren. „Wir erfahren ein hohes Maß an Unterstützung und Solidarität“, freut sich Projektleiterin Elvira Pfleiderer. „Auch die Nachbarn hier stehen hinter der Einrichtung.“ Anfängliche Berührungsängste mit dem Thema Tod im Kindes- und Jugendalter konnten durch persönlichen Austausch abgebaut werden. Auch die Hospizleiterin Elisabeth Kunze-Wünsch ist immer wieder überrascht, „wie groß die Spenden- und Hilfsbereitschaft gerade beim Thema Kinder ist“.

Alte Villa als heilsamer Ort

Der Irrtum, ein Kinderhospiz sei vor allem ein Ort, an dem junge Patienten ihren letzten Lebensabschnitt verbringen könnten, ist weit verbreitet. Ebenso wichtig ist jedoch das Angebot von Auszeiten für die Familien. Vier Wochen im Jahr stehen Betroffenen für solche Reha-Maßnahmen zu. Die Villa Wittmann mit Blick über die Stadt, in der seit 1950 das Stuttgarter Institut français zu Hause war, bietet mit ihrer Gartenanlage Voraussetzungen für Ruhephasen. Im Hospiz nennt man die alte Villa Wittmann daher „einen heilsamen Ort“. Er soll nach dem Umbau Räume für Mal- und Musiktherapie, einen Wintergarten oder ein Bewegungsbad bieten. Das historische Gebäude selbst bleibt beim Umbau unangetastet. Es steht unter Denkmalschutz.

„Eigentlich ist es eine Schande, dass es so lange gedauert hat, bis auch in Baden-Württemberg ein stationäres Kinderhospiz entsteht“, stellt Sabine Kraft, die Geschäftsführerin des Bundesverbands Kinderhospiz, fest. Denn der Bedarf sei groß. Bislang gibt es in ganz Deutschland nur 14 stationäre Einrichtungen. Und bald die erste im Land. Allein in Baden-Württemberg leben derzeit rund 3000 betroffene Familien. Eine Mutter hat diesen Bedarf in einem Schreiben an das Hospiz so formuliert: „Mein 15-jähriger Sohn sollte seinen Weg nicht in einer Klinik beenden. Ich wollte ihn halten, beschützen, Angst und Schmerzen von ihm fernhalten, dabei kommt man an seine Grenzen, erlebt Leid, Chaos, bedrohliche Notsituationen, Panik und Verzweiflung.“ Hätte es in dieser Zeit schon ein Kinderhospiz gegeben, so die Mutter, „hätten wir besser Abschied nehmen können“. Begleitung beim Trauern gehört laut Projektleiterin Elvira Pfleiderer auch zu den Aufgaben des Hospizes. „Es soll ein Ort der Hoffnung sein, eine Oase zum Durchatmen, die helfen will, dem Sterben die Trostlosigkeit zu nehmen.“

Finanziert wird das Projekt vorrangig durch kirchliche Mittel. Allein das Gebäude ist rund 3,2 Millionen Euro wert. Der Innenausbau wird mit 8,5 Millionen Euro veranschlagt. Diese 8,5 Millionen sollen durch kirchliche Mittel (1,4 Millionen Euro), ein Kirchendarlehen (2,8 Millionen), Geld von der Fernsehlotterie (300 000) sowie durch Stiftungen, Spenden und Vermächtnisse (4 Millionen) aufgebracht werden. Martin Klumpp, ehemals Prälat der Evangelischen Landeskirche in Stuttgart, sieht die Stadt in der Pflicht, sich an den Gesamtkosten zu beteiligen: „Sonst enttäuscht sie ihre engagierten Bürger.“ Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) machte beim Spatenstich jedoch keine konkreten Zusagen: „Was man tun kann, wird man tun.“