Gefrustete Kickers: Co-Trainer Sreto Ristic, Korbinian Müller, Marc Stein, Marco Gaiser (v. li.) Foto: Getty

Fünf Punkte Rückstand auf Platz zwei, vier Punkte Rückstand auf Relegationsplatz drei – geht Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers im Aufstiegsrennen vollends die Luft aus, oder blasen die Blauen noch einmal zum Angriff? Mannschaft, Trainer und Sportdirektor sind vor dem Heimspiel gegen Dynamo Dresden an diesem Samstag (14 Uhr) jedenfalls weit davon entfernt, die weiß Flagge zu hissen.

Cottbus/Stuttgart - Enzo Marchese war gemeinsam mit Daniel Engelbrecht etwas früher zu Hause als der Rest der Mannschaft. Da das Duo nach dem 0:2 (0:2) bei Energie Cottbus zur Dopingkontrolle musste, fuhren sie im Auto von Pressesprecher Hansi Felder zurück nach Stuttgart. Marchese hatte also ein bisschen mehr Zeit zum Schlafen. Doch gebracht hat es ihm nichts

. „Ich habe kein Auge zugetan“, sagte der Kapitän am Sonntag. „Kein Spieler kann in den Spiegel schauen und behaupten, er habe alles gegeben.“ Im Gegenteil: Die Mannschaft präsentierte sich unkonzentriert, mut- und ideenlos. Sie bäumte sich nicht auf, sie wirkte fast wie paralysiert. Woran das Kollektiv-Versagen lag, konnte sich im Lager der Blauen keiner so richtig erklären. Trainer Horst Steffen hatte das Unheil jedenfalls schon in den Anfangsminuten kommen sehen: „Ich dachte das kann doch nicht wahr sein. Die Mannschaft hält sich nicht an die vereinbarten Abläufe, nicht an den vereinbarten Plan.“

Die Gegentore durch Leonhard Kaufmann (25.) und Tim Kleindienst („Wir haben deutlich mehr investiert als die Kickers“) fielen nach individuellen Fehlern. Dem 0:2 (37.) ging ein krasser Torwartfehler von Korbinian Müller voraus. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison fehlte ihm beim Herauslaufen das richtige Timing, Kleindienst nutzte das Zögern zu seinem zwölften Saisontor.

Auf der Gegenseite stand alles andere als ein Unsicherheitsfaktor zwischen den Pfosten: Cottbus’ Keeper Kevin Müller, den die Blauen ursprünglich vor der Saison vom VfB Stuttgart II verpflichten wollten, strahlte Ruhe und Souveränität aus. Das alles ändert jedoch nichts daran, dass es am Kern vorbeigehen würde, die Kickers-Niederlage am Torwart festzumachen. Vielmehr stellte Sportdirektor Michael Zeyer fest: „Alle Spieler haben plötzlich das Nervenflattern bekommen.“ Was ihn wundert: „Wir haben doch nichts zu verlieren. Vor der Saison war unser Ziel, dass wir uns verbessern wollen. Und das haben wir jetzt schon geschafft.“

Dabei weiß auch Zeyer: In Anbetracht der lange Zeit hervorragenden Ausgangsposition wäre die Enttäuschung groß, wenn auf der Zielgeraden sogar noch Platz vier und damit die lukrative DFB-Pokal-Teilnahme verspielt werden würde. So weit muss es jedoch nicht kommen. „Wenn wir in dieser Saison etwas geschafft haben, dann ist es auf schreckliche Niederlagen immer eine Antwort gefunden zu haben“, betonte Marchese und spielte auf die Reaktion der Mannschaft nach den Rückschlägen beim VfB II (1:5), in Osnabrück (1:4) und in Rostock (0:1) an.

Alle Kräfte wollen die Blauen vor dem Heimspiel an diesem Samstag (14 Uhr) gegen Dynamo Dresden noch einmal Bündeln. Steffen gab sich kämpferisch: „Ich traue meiner Mannschaft zu, die nächsten drei Spiele zu gewinnen. Und dann schauen wir mal wie es vor dem Saisonfinale in Kiel aussieht.“

Damit das gelingt, muss jeder Spieler noch einmal ans Limit gehen. Eine anspruchsvolle Aufgabe. Und vielleicht ist die – zudem von Verletzungen geplagte – Mannschaft im Laufe der langen Saison damit überfordert. Die Möglichkeit das Gegenteil zu beweisen, besteht jedoch nach wie vor.