Ging mit gutem Beispiel voran und feuerte sein Team lautstark an: Hendrik Starostzik Foto: Baumann Foto:  

Hendrik Starostzik war bei den Kickers kein Stammspieler, als er gegen Hansa Rostock ran muss, lebt der Verteidiger einen ungeheuren Siegeswillen vor – und die Blauen gewinnen endlich wieder. 2:0.

Stuttgart - Hendrik Starostzik hatte feuchte Augen. Vor Freude, vor Erleichterung, weil die Emotionen raus mussten. Vom Innenverteidiger war nach dem Schlusspfiff eine psychische Last abgefallen, die in Tonnen hätte gemessen werden können. „Das war Abstiegskampf“, sagte er, „da war ein so ungeheurer Druck – deshalb bin ich umso glücklicher, dass wir endlich wieder gewonnen haben.“ Den Blauen ist am Samstag im Gazistadion das gelungen, was sich jeder Kickers-Fan mindestens so sehnlich gewünscht hatte wie eine dicke Gehaltserhöhung: Der erste Sieg seit dem 11. September 2015, der erste Dreier nach 15 sieglosen Drittliga-Partien. Ein Hoffnungsschimmer im Kampf gegen die drohende Viertklassigkeit. „2016 haben wir aus drei Spielen vier Punkte geholt. Das tut gut. Wir müssen genau so mutig und akribisch weiterarbeiten“, sagte Kickers-Trainer Tomislav Stipic, auch ihm stand die Erleichterung im Gesicht.

Hendrik Starostzik war der personifizierte Siegeswillen an diesem Nachmittag vor 5020 Zuschauern. Der 24-Jährige war lediglich ins Team gerutscht, weil die etatmäßigen Innenverteidiger Marc Stein und Manuel Bihr nicht spielen konnten – aber der 1,89-Meter-Mann präsentierte sich als Anpeitscher, er nahm von der ersten Minute die Rolle eines Führungsspielers wahr. Starostzik wurde laut in seinen Kommandos, er feuerte seine Kollegen energisch an, er ging kompromisslos hart (aber fair) in jeden Zweikampf und er drosch zur Not einen Ball auch mal in Kreisliga-Manier hoch und weit weg – was selbst die chronischen Nörgler und kritischen Fußball-Feingeister auf der Haupttribüne zu wohlgefälligem Kopfnicken animierte. „So ist’s recht! Weg damit!“

Nun kann der Glaube zurückkehren

Hendrik Starostzik erzielte zwar kein Tor, dafür sorgten Ersatzkapitän Fabian Baumgärtel (11./Foulelfmeter) und Bajram Nebihi (65.), doch der gebürtige Marburger schlug einen Ball von der Torlinie (73.), und wahrscheinlich hätten die Hansa-Profis noch einmall alles mobilisiert, um nach dem 1:2 den Ausgleich zu erzielen. Tomislav Stipic wusste, was der Ersatzmann geleistet hatte. „Es war sehr schön zu sehen, dass Spieler, die bisher weniger Wertschätzung erfahren haben, alles raushauen, um dem Team zum Sieg zu verhelfen“, lobte der Kickers-Coach. Und Rouven Sattelmaier schlug seinen Vordermann verbal zum Ritter im Kampf gegen den Abstieg. „Wir waren wie gelähmt durch diesen ungeheuren Druck“, sagte der Torhüter, „Henne hat uns alle stark gemacht.“

Starostzik war der Hoffnungsschimmer trotz viel Schattens. Der Sieg gegen harmlose Rostocker war fraglos verdient – aber Petar Sliskovic und Stephane Mvibudulu waren in der Offensive so gefährlich wie zwei Perserkatzen, die ein Zebra reißen wollen, Nebihi und Edisson Jordanov gelang es zu selten, Struktur ins Spiel nach vorn zu bringen, in der Defensive stand Klaus Gjasula unerwartet oft neben sich und erneut wurde wie gegen Aue augenscheinlich, dass den Kickers mit zunehmender Spielzeit die Luft ausgeht und das Team in die eigene Hälfte gedrängt wird. „Wir haben nicht so gut von hinten raus gespielt“, räumte Starostzik ein, „aber spielerisch muss nicht alles klappen; Hauptsache gewonnen.“

Für die Psyche war es enorm wichtig, die Negativserie zu durchbrechen, nun kann der Glaube zurückkehren, doch noch über den Strich zu klettern. „Es liegt harter, steiniger Weg vor uns“, sagte Stipic, „wir haben bewiesen, dass wir eine funktionierende Gemeinschaft sind.“ Wenn sich in den übrigen 14 Partien jeder geistig und körperlich für die Kickers so einsetzt wie Hendrik Starostzik. könnte die Saison doch noch gut enden.