Klare Ansagen und ein klares Konzept: Foto: Getty

Ehrlich, authentisch, verbindlich: Trainer Horst Steffen hat den Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers seit seinem Amtsantritt am 1. Oktober 2013 mit seinem eigenen Stil weiterentwickelt. „Das sind wieder meine Kickers. Es macht Spaß, es geht familiär zu, und der Trainer macht mit seinem Team eine sensationelle Arbeit“, lobt Kapitän Enzo Marchese.

Stuttgart - Wie er sein erstes Jahr bei den Stuttgarter Kickers beschreiben würde? „Ich glaube, wir haben das ganz gut hinbekommen“, sagt Horst Steffen (45). Der Satz ist irgendwie typisch für den Trainer des Fußball-Drittligisten: Dick aufzutragen, das ist nicht sein Ding. Er nimmt sich nicht wichtiger, als er ist. Dass er in der Wir-Form antwortet, ist kein Zufall: Steffen ist ein Teamplayer. Die Mannschaft, seine Assistenten, der Sportdirektor – „alle haben Anteil am Aufschwung“, betont Steffen. Er selbst hat den größten.

Als er am 1. Oktober 2013 zwischen zwei Trainingseinheiten im Waldhotel offiziell vorgestellt wurde, standen viele Fragezeichen hinter der Zukunft der Kickers. „Ich bin ein Risiko eingegangen“, sagt der Ex-Profi. Er gab den sicheren Job als U-19-Trainer von Borussia Mönchengladbach auf und heuerte bei einem Krisenclub an, der zuvor fünf Trainer in einem Jahr verschlissen hatte. Heute muss Horst Steffen schmunzeln. Wegen dieser hohen Fluktuation hatte er seine eigentliche Wunschwohnung in Schönberg nicht erhalten. Beruf Kickers-Trainer? Dem Vermieter war das nicht geheuer. „Er wollte etwas langfristiges“, erinnert sich Steffen. Inzwischen hat er in Heumaden sogar eine noch bessere Bleibe gefunden. Und längst hat er die Kickers auf Kurs gebracht. Die wichtigsten Etappen im Schnelldurchlauf: Frühzeitiger Klassenverbleib in der vergangenen Saison, DFB-Pokal-Teilnahme mit dem Knüller gegen Borussia Dortmund vor 37 000 Zuschauern, Weiterentwicklung der Mannschaft im spielerischen und taktischen Bereich. Vor dem Heimspiel an diesem Samstag (14 Uhr) gegen Hansa Rostock stehen die Blauen auf Platz fünf. Und Kapitän Enzo Marchese sagt: „Das sind wieder meine Kickers. Es macht Spaß, es geht familiär zu, und der Trainer macht mit seinem Team eine sensationelle Arbeit.“

Je vier Jahre spielte Marchese unter Robin Dutt und Dirk Schuster. Auch auf diese beiden hält er große Stücke. Schuster puschte seine Spieler permanent nach dem Motto: Kämpfen, kratzen, beißen. Dutt war der dominante Typ, der zeigte: Ich bin der Chef. Und Horst Steffen? Er wirkt wie ein verständnisvoller Lehrer, der es gut meint mit seinen Schützlingen, aber ständig Leistung einfordert. „Wenn es sein muss, kann er auch laut werden und drauf hauen“, sagt Marchese. Nie nachtragend sei er – nur konsequent.

Der Mann, der den gebürtigen Krefelder zu den Blauen lotste, ist sicher: „Es gibt in dieser Branche wenige, die so verbindlich, authentisch und ehrlich sind wie Horst Steffen“, sagt Michael Zeyer, „manche spielen als Trainer eine Rolle, Horst Steffen muss sich nicht verstellen.“ Noch nie habe der Coach über die vorhandenen Bedingungen geklagt. Er orientiert sich an den Möglichkeiten, die da sind. Er blickt über den Tellerrand hinaus. Das regelmäßige Fördertraining, das er für Spieler aus der A-Jugend und der Oberligaelf leitet, ist ein Beispiel dafür.

Warum dieses verborgene Trainertalent nicht früher im Aktivenbereich landete? Vielleicht liegt es daran, dass er mit dem Gladbacher Nachwuchs keinen Titel holte. Thomas Tuchel, Thomas Schneider, Marc Kienle – sie alle feierten mit Juniorenteams deutsche Meisterschaften. „Ich habe meine Arbeit als Jugendtrainer so verstanden, wie es sein soll. Ich war nicht auf Titeljagd, ich wollte Talente fördern“, sagt Steffen. Einige seiner früheren Trainer prägten ihn: Der Taktiker Wolfgang Frank, der Analytiker Seppo Eichkorn oder der besonnene Friedhelm Funkel. „Letztendlich habe ich meinen eigenen Stil gefunden“, sagt Steffen, der in zweiter Ehe mit Claudia verheiratet ist und aus jeder Beziehung zwei Kinder hat.

Bis 2016 läuft sein Vertrag bei den Kickers. Dass er seine Zeit in Degerloch mit dem Aufstieg krönen will, denkt er sich höchstens. Aussprechen würde er es nie.