Jubel über die 1:0-Führung der Kickers: Bentley-Baxter Bahn, Torschütze Sandrino Braun, Kapitän Enzo Marchese (v.li.) Foto: Baumann

Abstimmung und Rhythmus fehlen noch: Beim 2:1 gegen Fortuna Köln lässt Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers einige Wünsche offen. Doch in der Mannschaft steckt viel Entwicklungspotenzial: Beim Saisonauftakt stehen fünf Spieler unter 23 Jahren in der Anfangsformation. Das gab es bei den Blauen noch nie.

Stuttgart - Die Erkenntnis des Tages kam von Uwe Koschinat. „Wenigstens weiß ich jetzt, wie man den fantastischen Ballbesitzfußball der Kickers stoppen kann: indem man zwei Mann rausnimmt und mit zwei Viererketten den eigenen Strafraum verrammelt“, sagte der Kölner Trainer am Ende der Pressekonferenz. Es war ein Späßchen – mit wahrem Kern.

Denn am stärksten trumpfte der Vorjahres-Vierte bei der Saisonpremiere auf, als auch die Fortuna noch elf Mann auf dem Platz hatte. Sandrino Braun krönte die flotte Anfangsphase mit dem 1:0 (12.). Nach der Gelb-Roten Karte für Bone Uaferro (28.) hatte noch Markus Mendler eine Riesenchance für die Kickers (34.), und Fabian Baumgärtel gelang das 2:0 (52.). Doch nach dem Kölner Anschlusstreffer durch Julius Biada (57.) und dem zweiten Platzverweis für Tobias Fink (64.) gelang den Kickers gar nichts mehr.

Anstatt den Ball mutig in die Spitze durchzustecken, auf den Außenbahnen zu hinterlaufen oder den Gegner mit einem Dribbling rauszulocken, schoben sich die einfallslosen Blauen den Ball nur noch quer zu. Die Angst, den Sieg noch aus der Hand zu geben, spielte mit. „Die Spieler wussten: Wenn sie gegen neun Mann das 2:2 kriegen, sind sie die Deppen der Nation“, sagte Kickers-Trainer Horst Steffen.

So weit kam es nicht, doch es passte ins Bild, dass der eingewechselte Manuel Fischer in der 90. Minute allein aufs leere Tor zulief und den Ball aus zehn Metern am Pfosten vorbeischoss. Die neutralen Zuschauer klopften sich lachend auf die Schenkel, die Kickers-Fans fanden’s gar nicht lustig und pfiffen verärgert. Fischer bat via Facebook vielmals um Verzeihung. Und Horst Steffen? Der Trainer trug den Fehlschuss mit Fassung. „Das war Slapstick pur, Manu hätte mit dem Ball ins Tor laufen können. Aber letztendlich zählen eben die drei Punkte.“

Die Mannschaft muss ihren Rhythmus finden. Die Abstimmung fehlt noch – vor allem in der Defensive. Stellungsfehler machten es möglich, dass die Kölner vor allem nach weiten Einwürfen zu ihren Chancen kamen. Andererseits konnten die Blauen auch mildernde Umstände geltend machen. Durch den Ausfall der Innenverteidiger Marc Stein (drei Wochen Pause nach Muskelfaserriss in den Adduktoren) und Manuel Bihr (fällt nach Faserriss im Gesäßmuskel noch zwei Wochen aus) musste neben Hendrik Starostzik Marco Gaiser im Abwehrzenrum ran.

Es war das erste Drittliga-Heimspiel für Gaiser von Beginn an. Und der 22-Jährige war einer von fünf Spielern unter 23 Jahren in der Anfangsformation der Blauen: Torwart Carl Klaus (21), Mittelfeldmann Bentley-Baxter Bahn (22) sowie die Offensivkräfte Mendler (22) und Erich Berko (20) kamen hinzu. Zu Beginn der vergangenen Runde hatten die Kickers noch Probleme, die vier geforderten U-23-Spieler für den Spielberichtsbogen zusammenzubringen.

Das zeigt: Das Ensemble in Blau hat noch großes Entwicklungspotenzial. Das macht Hoffnung für die restlichen 37 Spieltage und ist letztendlich wichtiger als ein verpasstes Schützenfest bei der Saisonpremiere.