Fünf Gebäude stehen zurzeit auf dem alten IBM-Campus in Stuttgart-Vaihingen leer – vier davon (auf unserem Bild von rechts) sind Kulturdenkmale. Foto: dpa

Der alte IBM-Campus in Stuttgart hat endlich eine neue Eigentümerin: die Düsseldorfer Firma PDI. Sobald sie das Gelände übernommen hat, kümmert sich die Stadt nicht mehr wie bisher um die Sicherung des Geländes und der leerstehenden Gebäude. Wann diese sich wieder beleben werden, ist ungewiss.

Stuttgart - Gut vier Jahre nach der Insolvenzanmeldung der US-Firma CB Richard Ellis Investors wird das 20 Hektar große ehemalige IBM-Areal von der Firma Property Development Investors (PDI) übernommen. Der Millionen-Deal, über dessen Dimension sich die Beteiligten ausschweigen, fand am Mittwoch statt. An dem Tag ist der Kaufvertrag unterschrieben worden. Das fand die Stadtverwaltung am Freitag heraus.

Die Konsequenzen für den Städtebau und etwaige Pläne zur Unterbringung von Flüchtlingen sind noch nicht absehbar. Erste Folgen wird es aber geben, wenn die Besitzübergabe – frühestens in etlichen Tagen – stattfindet. Dann will die Stadtverwaltung unverzüglich ihren Aufwand für die Verkehrssicherung auf null zurückfahren.

Infolge der Insolvenz war das Areal zwar nicht im juristischen Sinn herrenlos, aber faktisch war eine ähnliche Situation eingetreten. Zuletzt achtete die Stadt darauf, dass keine Lücken im Zaun um das Areal klafften und dass Bäume gefällt wurden, damit sie nicht auf die benachbarte Autobahn stürzen. Außerdem sorgte die Stadtverwaltung mit Fischereiexperten dafür, dass die über die Jahre fettgewordenen Karpfen im einstigen Firmenteich abgefischt werden. Von ihrem eigenen Vollzugsdienst ließ die Stadt das Gelände bestreifen. Die Maßnahmen waren erfolgreich – unliebsame Zwischenfälle gab es nicht. Allerdings musste die Stadt dafür auch 10 000 bis 15 000 Euro pro Jahr aufwenden. Da es jetzt wieder einen solventen Eigentümer gebe, werde man ihm diese Pflichten umgehend zuweisen.

Pläne der PDI sind unbekannt

Wie PDI das Areal entwickeln will, ist unbekannt. Für umfassende Neubauten braucht sie die Stadt und einen neuen Bebauungsplan. Beim Umgang mit Gebäudebestand und Freiflächen bestimmen auch die Denkmalschützer mit. Drei Bürogebäude und ein Kantinenbau, nach Plänen des Architekten Egon Eiermann errichtet, sind Kulturdenkmale. Ein weiteres Haus vom Büro Kammerer und Belz darf vielleicht abgebrochen werden, steht vorerst aber wie das Freigelände unter Ensembleschutz.

PDI und die Stadtverwaltung waren schon einmal im Fall der sanierungsbedürftigen Villa Berg und der benachbarten alten Fernsehstudios aufeinander angewiesen. PDI-Chef Mathias Düsterdick kaufte sie aus einer Insolvenzmasse, spekulierte auf Baurecht für neue Wohnungen im Park – und lief bei der Stadt auf. Danach verhandelten beide Seiten anderthalb Jahre lang. Zum August sollte das Eigentum wechseln. Bisher ist das an PDI gescheitert. Will ihr Chef für das Projekt auf dem IBM-Areal noch ein Druckmittel behalten? Düsterdick teilte auf die Frage nach dem Kaufabschluss am Freitag nur mit: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich diese Gerüchte derzeit weder bestätigen noch dementieren kann.“

Erstaufnahmestelle des Landes für Flüchtlinge?

Unbeantwortet blieb auch, ob er sich auf dem IBM-Areal für einige Jahre eine Erstaufnahmestelle des Landes für Flüchtlinge vorstellen kann. Noch in den letzten Tagen hatte sich die Landesregierung damit befasst. Zuletzt wegen eines Vorschlages des Architekten Uwe Eggert mit dem Institute of Development. Sie glauben, dass man die Bauten und einen Teil des Freigeländes mit einem Aufwand von nur zwei bis drei Millionen Euro binnen drei bis vier Monaten für Flüchtlinge umrüsten könnte. Das sei möglich, meint Eggert, wenn man es unbürokratisch angehen dürfte. Seine Ideenskizze schickte er der Landesregierung, die sie zurzeit prüft. Wegen des Mangels an Flüchtlingsunterkünften käme der Vorschlag eigentlich gerade recht. „Ließe sich dort doch noch eine Erstaufnahme einrichten, hätte nicht nur das Land etwas davon, sondern auch die Stadt“, sagt Staatssekretär Klaus-Peter Murawski (Grüne). Die Plätze, die auf diesem Areal entstehen würden, könnten der Stadt voll auf ihr Soll zur Flüchtlingsunterbringung angerechnet werden. Das ist ein Grund, weshalb die Stadt das Projekt Erstaufnahmestelle unterstützt. Sie selbst war am Erwerb des Areals interessiert – und ging leer aus.

Die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus kritisiert, dass sich die Stadt das Areal nicht sicherte. Das sei eine „Bankrotterklärung der Stadtspitze“. Während nun auch Turnhallen mit Flüchtlingen belegt werden müssten, lasse OB Fritz Kuhn (Grüne) es zu, „dass eine weitere Fläche einem Immobilienhai zum Fraß vorgeworfen wird“.