Krüge stemmen im Zelt: Viele Saisonkräfte fühlen sich von der Politik gegängelt Foto: Max Kovalenko

Die Schausteller und Festzeltwirte sind weiter nicht gut auf die Politik zu sprechen. Es geht um das Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz. Zwar haben die Arbeits- und Sozialminister der Bundesländer jetzt per gelockerte Sonderregelung bekannt gegeben. Für die Betreiber auf dem Stuttgarter Frühlingsfest nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“.

Stuttgart - Eitel Sonnenschein über dem Cannstatter Wasen. Temperaturen von um die 20 Grad bescheren dem Frühlingsfest einen exquisiten Zuspruch und spülen Geld in die Kassen. Doch bei den Festwirten und Chefs der Fahrgeschäfte ist derzeit keine Partystimmung angesagt, eher sind Zornesfalten zu beobachten. Die Laune verhagelt ihnen das Mindestlohngesetz. Dabei gehe es gar nicht um jene 8,50 Euro, die würden ohnehin bezahlt, sondern um die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes. Zehn Stunden darf täglich maximal gearbeitet werden.

Eine Regelung, die indes vergangene Woche gelockert wurde. Landes-Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) gab bekannt, dass in derartigen Saisonbetrieben statt maximal zehn Arbeitsstunden täglich bis zu zwölf Stunden erlaubt sind. „Viele Schaustellerbetriebe und Festwirte haben sich durch die geltenden Arbeitszeithöchstgrenzen in ihrer Existenz gefährdet gesehen.“ Die Ministerien trügen damit den speziellen Anforderungen der Branche an die Arbeitszeiten Rechnung. Wie lange man arbeiten dürfe, werde im Einzelfall entschieden. Oberste Priorität hätten Gesundheit und Schutz der Arbeitnehmer. „Es macht einen Unterschied, ob jemand am Eingang Eintrittskarten kontrolliert oder in zehn Metern Höhe die Achterbahn zusammenbaut.“

Auf auf dem Frühlingsfest löste die Ankündigung aber wenig Freude aus. Das sei nur eine minimale Verbesserung in einem Teilbereich des Problems. Am Montagnachmittag beklagen sich die Vertreter der Verbände im Göckelesmaier-Zelt vor Journalisten über Bürokratie und Regularien, über die Verpflichtung zur genauen Dokumentation über die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten. Maximal 7000 Schaustellerbetriebe gebe es in Deutschland. „Wir sind eine kleine Randgruppe“, sagt Mark Roschmann, Präsident des Schaustellerverbands Südwest. Negativ aufgefallen seien in den vergangenen Jahren allerdings nur ganz wenige Betriebe. Dennoch werde die Branche „unter Generalverdacht gestellt, das zermürbt“.

„Wir müssten 20 bis 30 Prozent mehr Personal einstellen, das ist wirtschaftlich nicht machbar für viele Betriebe“, sagt Nico Lustnauer, Vizepräsident des Landesverbands der Schausteller und Marktkaufleute. Und er selbst spricht „von einer gewissen Resignation“, die bei ihm selbst wie bei vielen Kollegen eingetreten sei. Angesichts derartiger Risiken sei es kaum noch denkbar, dass sie neue Betriebe gründeten. Festwirt Karl Maier, zugleich Vizepräsident des Schaustellerverbands, sagt: „Ohne Not wird einer ganzen Branche das Leben so wahnsinnig schwer gemacht.“ Derzeit hocke jeder einzelne seiner Frühlingsfest-Kollegen nachts in seinem Wohnwagen, raufe sich die Haare, frage sich: „Mache ich alles richtig, habe ich alle Unterlagen zusammen?“ . Und Lustnauer ergänzt: „Wir haben kürzlich zehn Steuerberater zu diesem komplexen Sachverhalt befragt – und zehn verschiedene Antworten erhalten.“ Er sei, so Lustnauer, „von der Politik wahnsinnig enttäuscht, nicht nur von der SPD, auch von der CDU – da wird völlig an der Realität vorbeiregiert.“