Der Stuttgarter Fernsehturm wird bald wieder eröffnet. Foto: dpa

Er ist bei weitem nicht der höchste, dafür aber der erste und für Schwaben natürlich der schönste: Stuttgarts Fernsehturm wird nach drei Jahren kompliziertester Brandsanierung wieder geöffnet. Mit höheren Preisen - aber der Blick entschädigt.

Stuttgart - Nach fast drei Jahren geht das Licht wieder an: Vom 30. Januar an wird der Stuttgarter Fernsehturm wieder hell erleuchtet auf dem Hohen Bopser über dem Talkessel stehen. Fast drei Jahre sind seit dem Schließungsschock vergangen. Nur nach einer kniffeligen Brandsanierung ist die Wiedereröffnung des 217 Meter hohen Wahrzeichens mit dem atemberaubenden Blick für Jedermann überhaupt drin. Das Anfang Februar 60 Jahre alte Ingenieurkunstwerk gilt als Urmodell für Fernsehtürme weltweit. Der Südwestrundfunk (SWR) als Nutzer gab zuletzt 1,8 Millionen Euro Sanierungskosten an.

27. März 2013: Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) lässt den Turm aus Brandschutzgründen überraschend schließen. Zwar hatte es 57 Jahre lang mit über 25 Millionen Besuchern keinen Schadensfall gegeben, doch Kuhn beruft sich auf Experten: „Wenn es im Turmschaft brennt, sind Aufzug und Treppe nicht nutzbar. Das heißt, dass wir die Leute, die oben im Turm auf ihre Evakuierung gewartet hätten, womöglich nicht runtergebracht hätten.“ Es ist eine der ersten bundesweit beachteten Aktionen Kuhns an der Spitze der Landeshauptstadt.

Gutachten weist Weg aus dem Brandschutz-Dilemma

Moniert wird damals vor allem ein alternativer Rettungsweg. Den gibt es allerdings jetzt immer noch nicht. Ein Gutachten wies jedoch den Weg aus dem Dilemma: Als erster Rettungsweg gilt der Doppelaufzug, teilt die SWR Media Services GmbH mit, der laut Zulassung auch im Brandfall von der Feuerwehr bis zu 30 Minuten weiter betrieben werden kann. Alternativer Rettungsweg bleibt die Treppe. „Ich hatte nie Zweifel, dass die Wiedereröffnung gelingen wird“, sagt Kuhn heute.

Erst 2010 hatte es eine umfangreiche Sanierung gegeben. Seit der Brandkatastrophe im Moskauer TV-Turm Ostankino im Jahr 2000 mit mehreren Toten seien 6,5 Millionen Euro in den Brandschutz investiert worden. Jetzt kamen nochmal 1,8 Millionen dazu. In Moskau war der Brand an einem überhitzten Hochfrequenzkabel entstanden. Mehrere solcher dicken UKW-Kabel laufen auch im Schaft des Stuttgarter Turms nach oben. Sie wurden routinemäßig ausgetauscht und zudem alle 1,50 Meter mit Schotten versehen, damit sich Feuer nicht ausbreiten kann.

Seinem Namen wird das Wahrzeichen übrigens schon lange nicht mehr gerecht: Seit 2006 werden nur noch Hörfunksender ausgestrahlt. TV-Signale in den Stuttgarter Talkessel zu lenken, war aber einst die Idee hinter dem Sendemast. Sowohl bei der Krönung der Queen 1953 als auch beim Fußballweltmeistertitel 1954 ist die Sendeleistung in der Landeshauptstadt zu schwach. Wer eines der sehr seltenen Geräte besitzt, guckt buchstäblich in die Röhre.

Der erste Stahlbetonfernsehturm der Welt

5. Februar 1956: Der erste Stahlbetonfernsehturm der Welt samt Aussichtsplattform und Restaurant wird eröffnet. 4,2 Millionen Mark kostet das wegweisende Meisterwerk des Architekten und Bauingenieurs Fritz Leonhardt (1909-1999). Es wird zum Vorbild für Bauwerke weltweit, wie die Space Needle in Seattle, und spielt in nur fünf Jahren die Baukosten durch Eintrittsgelder wieder ein. Der höchste ist er längst nicht mehr: Der Berliner etwa ist gut 50 Meter höher.

Dass Touristen in den vergangenen drei Jahren Stuttgart gemieden haben, weil der Turm nicht offen war, glaubt Armin Dellnitz, Chef der Stuttgart-Marketing GmbH, nicht. „Ich denke nicht, dass wir dadurch weniger Gäste hatten.“ Einen Knick im seit etlichen Jahren Stückchen für Stückchen wachsenden Zuspruch sei nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Mit 8,4 Millionen Übernachtungen habe es 2015 nochmal ein Drei-Prozent-Plus gegeben. Zwar seien 66 Prozent Geschäftsreisende, aber 34 Prozent Touristen seien auch ein guter Wert.

Trotz deutlich höherer Preise für Fahrten zur 150 Meter hohen Plattform - sieben statt fünf Euro - rechnet Dellnitz mit einem Boom am Turm, spricht sogar von einem „Hype“, den es geben könnte. Schließlich gebe es nur wenige begehbare Fernsehtürme - und der Blick aus 150 Metern Höhe in den Stuttgarter Talkessel und zur Schwäbischen Alb sei ja schließlich einmalig.