Die Messstation am Neckartor: Von dort kommen nach wie vor alarmierende Werte Foto: dpa

Trotz Feinstaubalarm war am Montag am Neckartor zu viel Feinstaub in der Luft. Am Dienstag kam es noch schlimmer. Da lag die Konzentration fast beim Dreifachen des Grenzwerts. Außerdem wurde bekannt, dass der Autoverkehr durch den Alarm nur um etwa drei Prozent zurückging.

Stuttgart - Am 19. Tag im neuen Jahr hat die Feinstaubkonzentration am Stuttgarter Neckartor schon alle Werte überstiegen, die im kompletten Jahr 2015 gemessen worden waren. Diese unerquickliche Botschaft musste Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Mittwoch lancieren. Der gemessene Tagesmittelwert, der wegen der Messvariante und der schnellen Auswertung vorläufigen Charakter hat, aber sich nicht gravierend verändern kann, betrug am Dienstag 141 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.

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Zum Vergleich: Der EU-Grenzwert lässt 50 Mikrogramm zu, die an maximal 35 Tagen pro Jahr überschritten werden dürfen. Sonst sind Gegenmaßnahmen fällig, bei anhaltender Tatenlosigkeit der Behörden auch Strafzahlungen des Landes. Doch die wollen Minister Hermann und OB Fritz Kuhn (Grüne) vermeiden.

Witterungslage noch ungünstiger geworden

Ihr Versuch, die Zahl der Überschreitungstage in diesem Jahr auf 35 zu begrenzen, dürfte ein harter Gang werden. Bereits jetzt sind drei Tage rot markiert. 2015 waren es am Ende 72 Tage gewesen.

Warum der Messwert am Dienstag sogar um drei Mikrogramm über dem Wert vom Neujahrstag mit einer von Feuerwerkskörpern verstaubten Luft im Talkessel lag, kann nur vermutet werden. Am Dienstag sei es praktisch windstill gewesen und die inversionsbedingte Einschränkung des Luftaustauschs habe sich noch verschärft, sagte der Stadtklimatologe Ulrich Reuter. Möglicherweise sei wegen der empfindlichen Kälte auch mehr geheizt worden. Alle ausgestoßenen Schadstoffe hätten sich im Stadtraum gehalten. Zudem hätten sich Feinstaubkonzentrationen über die Tage hinweg bei anhaltender stabiler Wetterlage aufsummiert.

Nur etwa drei Prozent weniger Autoverkehr

Für die Dauer des Alarmfalls hatte die Hiobsbotschaft am Mittwoch aber keine direkten Folgen. Es bleibe dabei, verkündete die Stadt: Der Alarm dauere mindestens bis Freitag, 24 Uhr. Ob er aufs Wochenende ausgedehnt werde, solle sich am Donnerstagmittag entscheiden – wenn man die Wetterprognose für Sonntag kennt.

Bedenklich wie der Messwert war am Mittwoch auch eine andere Nachricht: Die Appelle zum Verzicht aufs Auto haben offenbar nur zu einem Rückgang des Verkehrsaufkommens um etwa drei Prozent in Stuttgart geführt. Darauf würden erste Daten hindeuten, die sich aus Zählungen an ausgewählten Stellen ergeben hätten, verlautbarte das Ministerium. Die Zahlen der Autos waren mit ausgewählten Vorjahreszahlen verglichen worden. Die Auswertung sei aber komplex, relativierte das Ministerium.

Minister fordert mehr Umsteigen

Minister Hermann folgerte aus den neuen Erkenntnissen, der Feinstaubalarm werde „leider noch nicht ernst genug genommen“. Angesichts der hohen Feinstaub- und Stickoxidwerte seien „noch immer viel zu viele Autos in der Umweltzone“ unterwegs. Mehr Menschen müssten umsteigen auf Busse und Bahnen oder Fahrgemeinschaften in Pkw bilden. Erfreulich sei, dass der Online-Ticketverkauf für Busse und Bahnen spürbar zugenommen habe – bei den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) um über 15 Prozent.

Es gibt auch noch eine andere gute Nachricht: An Claus Schmiedel, Fraktionschef der SPD im Landtag, dürfte es nicht liegen, falls auch für Mittwoch wieder ein hoher Feinstaubwert gemeldet werden sollte. Schmiedel, der am Montag noch lustvoll mit dem Auto in Stuttgart unterwegs gewesen war, wurde am Mittwoch gegen 10.20 Uhr an der SSB-Haltestelle Charlottenplatz gesehen. Er habe leicht angespannt gewirkt, sagen Augenzeugen, habe aber den Ausgang in Richtung Landtag gefunden . . .