Jugendliche harren vor dem Schuhladen aus. Foto: Kathrin Wesely

Dutzende Jugendliche haben die ganze Nacht in der Paulinenstraße auf neue Sneaker von Kanye West gewartet. Dabei übersteigt der Preis der neuen Yeezy Boost von Adidas das Taschengeld der meisten bei weitem.

Stuttgart - Gut 20 Stunden draußen warten bei 3 Grad und Nieselregen ist nichts für ein Paar Turnschuhe, die Kanye West entworfen hat, findet Tim Krickl. Mit vielleicht 70 oder 80 anderen jungen Leuten wird er die ganze Nacht an der tristen Paulinenstraße ausharren, um Samstagmorgen um neun seine brandneuen Yeezy Boost 350 V2 „Cream White“ abzuholen. Auch der aktuelle Sneaker-Coup von Adidas ist streng limitiert und wird bundesweit in nur knapp 30 Geschäften zu 220 Euro verkauft – das Suppa in der Paulinenstraße 44 ist eines davon.

Reibach für Teenager

Tim Krickl trägt bereits das Yeezy Boost-Vorgängermodell in Schwarz. Die Treter sind gut zwei Jahre alt und sehen aus wie neu. „Er muckt schon auf, wenn ich mit meinen Schuhen nur leicht dagegen komme“, frotzelt seine Freundin Katharina Maier. Die 16-Jährige ist zwar am Nachmittag mitgekommen, will aber am Abend weiterziehen. „Ich bleibe doch nicht für ein Paar Schuhe so lange in der Kälte hocken. Das ist ja lächerlich.“ Tim Krickl lächelt milde. Er hat einen Schirm, einen Campingstuhl, zwei Pullis und zwei Jacken dabei und wird die Nacht schon überleben. Dabei werden ihm die mühsam erbeuteten Yeezy Boost 350 V2 „Cream White“ nicht einmal passen: Sie haben Größe 41, er braucht 45. „Meine Größe gab es nicht mehr.“ Der 15-Jährige will die Schuhe auf Ebay oder einer anderen Plattform weiterverkaufen und rechnet mit mindestens 200 Euro Gewinn. Das geliehene Geld für die neuen Sneaker, könne er dann lässig seiner Mutter zurückzahlen.

Gettoblaster, Bier und Campingstühle

All die jungen Männer – Frauen sind hier rar – werden durchhalten müssen. Denn wer geht, hat verloren: Zwar haben sie sich im Laden auf einer Liste eingetragen, die ihnen ein Paar sichert. Allerdings gilt die Zusage nur, wenn man sich nicht wegbewegt. Damit alle Kaufinteressenten auch schön dableiben, zählen Kontrolleure immer mal wieder durch. Die Stimmung ist ausgelassen, die Jungs haben Gettoblaster, Stühle und Bier dabei und schwadronieren über Turnschuhmodelle, berichten von horrenden Gewinnmargen bei Wiederverkäufen und erörtern die unterschiedliche Qualität von Replika. Eine schmale Gasse lassen sie auf dem Gehweg für Passanten frei.

Der Hype um die Schuhe ist so groß wie das Ego ihres Schöpfers, des Rappers Kanye West. Und wie der der Marktauftritt des Yeezy Boost ebenso subtil wie effizient lanciert worden. Die neue Schuhvariante kommt im typischen Strickmuster daher und wirkt für den ungeschulten Blick eher unspektakulär. Aber Tims Freundin Katharina kennt die heimliche Magie des soften Treters: „In unserer Altersklasse wissen alle über Yeezy Boost Bescheid. Wer die Schuhe trägt, der gehört dazu. Der ist cool. Von dem wollen die Leute wissen, wo er seine tollen Schuhe her hat.“ Allerdings räumt sie ein, ist das hauptsächlich ein Buben-Ding. Einer der Jungs, die rumstehen, meint, beim letzten Release seien auch zwei Frauen dabei gewesen. Die seien aber erst morgens gekommen und hätten sich in aller Ruhe ihre Schuhe abgeholt. Die Größen 38 und 39 seien problemlos zu haben.

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