Mit dem Verlauf der Haushaltsberatungen ist Ulrike Zich ganz zufrieden. Gleichwohl will sie die zwei Kreisverkehre an der Solitudestraße nicht abschreiben. Foto: Martin Braun

Flüchtlinge, Schulen und Kreisverkehre – die Weilimdorfer Bezirksvorsteherin Ulrike Zich spricht im Interview über das zurückliegende Jahr und darüber, was 2016 kommen wird.

Weilimdorf – - Die Unterbringung geflüchteter Menschen war ein zentrales Thema des vergangenen Jahres. Ulrike Zich spricht aber auch über die Sanierung des Löwenplatzes und des historischen Ortskerns sowie über Kreisverkehre und Windräder, die nicht gebaut werden.
Frau Zich, was war rückblickend aufs Jahr 2015 besonders gelungen, was hätte besser laufen können?
Das Jahr war überlagert von der Thematik der Unterbringung der Flüchtlinge. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte hat uns der Bezug der Notunterkunft im Spechtweg sehr beschäftigt. Was mich dabei sehr gefreut hat, war, dass die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zu helfen, sehr ausgeprägt ist. Jeder hat erkannt, dass es da eine Aufgabe gibt, die erledigt werden muss, und die versuchen wir gemeinsam so gut wie möglich für den Bezirk und für die Flüchtlinge zu bewerkstelligen.
Haben Sie das Gefühl, dass die Menschen, die in der Sporthalle leben, schon angekommen sind im Bezirk?
Das ist schwer zu sagen. Ankommen ist immer mit einer gewissen Qualität verbunden, dafür muss man beispielsweise wissen, wie die nahe Zukunft aussieht. Das aber wissen die Leute bisher noch nicht. Viele haben ihre Interviews für das Asylverfahren noch vor sich. Für diese Menschen ist das Angekommen sein noch nicht so spürbar. Das Ankommen im Stadtbezirk hingegen ist vom Flüchtlingskreis sehr gut vorbereitet und begleitet worden, da möchte ich die Helfer ausdrücklich loben. Ich fand es auch beachtlich, dass die Flüchtlinge – von sich aus – eine Let’s-Putz-Aktion angemeldet haben, dass es ihnen ein Anliegen war, den Weilimdorfern zu zeigen, dass sie wertschätzen, wie sie hier aufgenommen wurden. Das ist auch ein großes Verdienst aller Helferinnen und Helfer.
Welche Themen waren sonst noch dominant im zurückliegenden Jahr?
Der städtische Haushalt ist alle zwei Jahre ein Hauptthema. Und auch der damit verbundene Bürgerhaushalt, der natürlich in der Bevölkerung entsprechende Erwartungen weckt. Weilimdorf hat sich da sehr gut eingebracht.
Im Haushalt 2016/17 sieht es ja ganz gut aus für den Bezirk: Das Kiesbett soll angegangen werden, die Sanierung des Alten Rat- und Schulhauses kommt, der Kunstrasenplatz für die SG Weilimdorf ist durch…
Wir können mit dem, was jetzt bewilligt wurde, absolut zufrieden sein.
Wie stellen Sie sich die künftige Nutzung des historischen Ensembles mit Altem Schul- und Rathaus vor?
Belebt. Wir brauchen kein Gebäude, in dem wir Räume ausweisen, in denen nichts stattfindet. Ich wünsche mir eine Nutzung, die verschiedene Dinge miteinander verbindet, dass dort ein reges und generationenübergreifendes Wirken aller gesellschaftlichen Gruppen stattfindet. Ich will weg von einem Dauernutzungskonzept – je flexibler man das handhabt, umso mehr Angebote kann man machen.
Wie sieht es denn bei der Kinderbetreuung aus? Vor allem bei den unter Dreijährigen gibt es ja noch immer eine lange Warteliste.
Die Räumlichkeiten sind da. Wenn die Kita an der Hohenfriedberger Straße, wo es einen Wasserschaden gab, bezogen werden kann, werden an der Solitudestraße 119, wo derzeit noch zwei Kitas unter einem Dach sind, wieder Kapazitäten frei. Dann kommt noch die fünfgruppige Einrichtung an der Thaerstraße, wofür die Baugenehmigung nun vorliegt. Wenn die Platzzahl, die gerade geschaffen wird, belegt werden kann, sind wir sehr gut aufgestellt.
Auch bei der Gemeinschaftsschule fehlen noch Räumlichkeiten. Sind Sie da mit dem Tempo, das die Stadt vorlegt, einverstanden?
Das Schlag- oder Reizwort, je nachdem wie man es interpretieren möchte, ist das Wort „Machbarkeitsstudie“, auf die alle mit Hochspannung warten. Ich gehe schon davon aus, dass deren Ergebnis dem Bezirksbeirat 2016 vorgestellt wird.
Wie ist der Stand an der Reisachschule?
Dort wird gerade das Schülerhaus saniert und umgebaut. Dann gibt es noch die Option einer Mensa, vielleicht gemeinsam mit der benachbarten Senioreneinrichtung. Da muss man aber die Auswertung des Artenschutzgutachtens für das Gelände zur Erweiterung der Seniorenanlage abwarten.
Der Artenschutz war auch im Hinblick auf die geplanten Windräder im Tauschwald von Belang. Sind Sie froh, dass dieses Thema vom Tisch ist?
Wir haben die Diskussion hierzu sehr ausführlich geführt, das Thema hat die Gemüter schon sehr bewegt. Dass es jetzt vom Tisch ist, hat die Polarisierung in der Bevölkerung herausgenommen. Es wird aber durchaus anerkannt, dass man sich über Alternativen in der Energieerzeugung Gedanken machen muss. Deswegen haben wir im Bezirksbeirat beschlossen, die Energieoffensive Weilimdorf zu starten.
Auch die Zukunftsoffensive Nahversorgung hat Sie eine ganze Weile beschäftigt.
Die beschäftigt uns noch. Da gibt es den Runden Tisch mit Vertretern des Gewerbes und des Bezirksbeirats, um zu schauen, wie die Ergebnisse umgesetzt werden können. Es geht darum, die Umgebung durch entsprechende Angebote aufzuwerten, ob das jetzt eine Verkehrsberuhigung ist oder die Verbesserung der Aufenthaltsqualität. Da wird die Aufwertung des Löwen-Marktes im Bereich Kiesbett ein großer Schritt sein.
Das Kiesbett soll angegangen werden, der Kreisverkehr nicht.
Die Weilimdorfer werden sicherlich das Thema Kreisverkehre nicht aufgeben – und zwar an beiden Standorten: Die Kreuzung Solitude-/Engelbergstraße ist ein Sanierungsfall. Da haben wir letztes Jahr gesagt, wir wollen nur ausbessern, weil wenn man saniert, dann soll es ein Umbau sein. Bei der Kreuzung vorne am Löwen-Markt ist ja die Option gegeben, dass man den Kreisverkehr nachziehen kann, ohne dass man dafür in den sanierten Platz eingreifen muss.
Ist Tempo 30 in der Pforzheimer Straße unabhängig vom Kreisverkehr denkbar?
Ja. Ich glaube schon, dass Aufenthaltsqualität auch etwas mit der Geschwindigkeit auf den Straßen zu tun hat. Das bringt auch den Geschäften was.
War 2015 im Hinblick auf das Walz-Areal ein verlorenes Jahr?
Nein. Es hat im Rathaus zumindest schon mal eine erste Sitzung der internen Arbeitsgruppe gegeben, die sich mit der Entwicklung der Flächen zwischen Jugendhaus und Engelbergstraße beschäftigt, an der alle betroffenen Ämter beteiligt sind. Ich persönlich wünsche mir eine große Lösung. Wenn man auf eine sportliche Nutzung abhebt, kann man die ja vielleicht mit anderen Ideen kombinieren. Man muss halt alles unter einen Hut bekommen und dabei auch die Rahmenbedingungen wie etwa die Erschließung berücksichtigen, die an Vorgaben gebunden ist. Das wird Zeit in Anspruch nehmen, da werden wir nächstes Jahr nicht fertig.
Was wünschen Sie sich für 2016?
Dass sich das Engagement und der Zusammenhalt der Bürgerinnen und Bürger so fortsetzt, wie wir das in diesem Jahr erleben konnten. Dass das Bewusstsein für das Miteinander wächst und dass sich das Zusammenrücken zum Wohle aller fortsetzt. Was wir jetzt gerade erleben mit der Flüchtlingsbetreuung, ein Engagement über Generationen und Nationalitäten hinweg, wo Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten zusammenkommen, um an einer gemeinsamen Sache zu arbeiten, das ist enorm. Dieses gelebte Gemeinwesen ist ein wunderbares Erlebnis, und mein Wunsch ist, dass wir das auch auf andere Themenbereiche ausweiten können.