Der Fall des untreuen Bankers zeigte Sicherheitslücken in der Landesbank-Zentrale in Stuttgart auf. Foto: dpa

Er machte sich letztes Jahr ein zweifelhaftes Weihnachtsgeschenk. Aus der Stuttgarter LBBW-Zentrale ließ ein untreuer Mitarbeiter 750.000 Euro mitgehen und verschwand nach Kenia. Jetzt wurde er ausgeliefert.

Stuttgart - Fast ein Jahr nach seinem spektakulären Coup ist der 43-jährige Christian S. wieder zu Hause. Zumindest sitzt er in einem deutschen Gefängnis. Der Mann, der an Weihnachten in der Zentrale der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in der Stuttgarter Innenstadt 750.000 Euro mitgehen ließ und danach verschwand, sitzt in Untersuchungshaft. In den nächsten Tagen soll er von Frankfurt umziehen – und in Stuttgart hinter Gitter kommen.

Christian S. und zwei Stuttgarter Kripobeamte sitzen wie ganz normale Touristen im Lufthansa-Flug LH 593. Keine Handschellen. Der 43-jährige frühere LBBW-Banker hat wohl auch nicht die Absicht, in dieser Nacht zum Mittwoch zu türmen. Er unterhält sich nett und freundlich mit den Beamten. Nach dem Eindruck der Polizisten der Dienststelle Fahndung ist er „ganz froh, endlich aus dem kenianischen Gefängnis heraus zu sein“.

Die Auslieferung war zunächst eine Hängepartie

Außerdem ist der Flug vergleichsweise bequem. Es geht direkt von Nairobi nach Frankfurt. Keine 15-stündige Reise mit Umsteigen in Abu Dhabi oder Johannesburg. Um 0.22 Uhr ostafrikanischer Zeit hebt der Airbus A 340 am Jomo Keenyatta Airport in Nairobi ab und landet nach nur 7 Stunden 45 Minuten Flugzeit um 6.07 Uhr in Frankfurt. Die Bundespolizei nimmt ihn Empfang, ein Richter schickt ihn hinter Gitter.

So schnell und bequem ging es zuletzt nicht zu im Fall des untreuen Bankers. Denn die Auslieferung des 43-Jährigen war zunächst eine Hängepartie – mit monatelangen juristischen und diplomatischen Verwicklungen. Aber das passt zu dem spektakulären Fall. Der Coup in der Stuttgarter LBBW-Zentrale hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Dem Mitarbeiter war es vor Heiligabend 2014 gelungen, 750.000 Euro in einem Auszählraum beiseitezuschaffen und nach draußen zu schmuggeln. Am zweiten Weihnachtsfeiertag verschwand er spurlos. 5000 Euro aus der Beute hatte er seiner Ex-Frau in Hamburg geschickt.

Die Tat fiel erst Wochen später auf

Peinlich für das Geldinstitut, dass die Tat erst am 5. Januar auffiel, als die Summe nicht bei der Bundesbank eintraf. Offenbar hatten die Sicherheitsvorkehrungen versagt. Noch peinlicher: Christian S. war offenbar kein unbeschriebenes Blatt, soll laut Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zwei Firmen- und eine Privatinsolvenz hingelegt haben. Der Mann aus Besigheim (Kreis Ludwigsburg) soll überdies spielsüchtig sein und 2013 sein Vermögen in Las Vegas verspielt haben. Der LBBW war dies bei seiner Einstellung offenbar nicht bekannt.

Der 43-Jährige blieb monatelang verschwunden – bis es erste Hinweise aus Kenia gab. Eine Frau aus Mombasa berichtete über ein soziales Netzwerk, dass er dort lebe und „nicht gerade wie ein Flüchtling wirkt“.

Die kenianische Justiz wollte das Verfahren selbst durchziehen

Nach einem weiteren Hinweis wurde er am 15. Oktober von den kenianischen Behörden festgenommen. Die Auslieferung zog sich aber hin: „Die dortige Justiz verlangte die Ermittlungsakten und wollte selbst das Verfahren durchführen“, sagt Claudia Krauth, Sprecherin der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Dies ist im internationalen Umgang ein durchaus ungewöhnlicher Vorgang. So schmorte Christian S. zwei Monate in Kenia im Gefängnis.

Wo die 750.000 Euro geblieben sind, ist unklar. „Es gibt keine Hinweise auf noch vorhandenes Geld“, sagt Staatsanwaltssprecherin Krauth. Gegen den 43-Jährigen wird wegen Diebstahls ermittelt. Eigentlich kein Haftgrund – wenn nicht die hohe Summe wäre.