Die zehnjährige Dina – das jüngstes Mitglied des Chores – trug Songs aus ihrer bosnischen Heimat vor. Foto: Petra Mostbacher-Dix

Das Chorprojekt im Stöckach hat im Kulturzentrum Laboratorium in Stuttgart-Ost mit musikalischen Gästen Geburtstag gefeiert. Weil sich heutzutage viele nicht lange binden wollen, startete der Chor als zeitlich begrenztes Projekt. Doch nun will keiner mehr aufhören.

S-Ost -

Geschrieben hat es Percy Mayfield. Weltweit zum Kassenschlager wurde der Song „Hit the Road Jack“, als es der Pianist und Sänger Ray Charles im Duett mit Margie Hendricks interpretiert hat. In Stuttgart-Ost wurde nun eine neue Version davon präsentiert. Im Kulturzentrum Laboratoriumintonierte das Chorprojekt im Stöckach zum Konzert seines ersten Geburtstages Bekanntes und Neues. Darunter auch die schwäbisch-englische Variante des Ray-Charles-Hits, in dem eine Frau ihren treulosen Gatten vor die Tür setzen will.

So erklärte es der Chorsänger Hans, alias Jack, mit Basecap und Brille auf der Bühne: „Oh Baby, oh Baby, sag’ doch so was net zu mir ... wie du mich behandelst, des find’ ich net schön!“ Was allerdings seine Sangeskolleginnen nicht überzeugte. Sie standen, gleich elf Frau hoch, hinter ihm aufgereiht. Gnadenlos schleuderten sie ihm auf Englisch entgegen, dass er abhauen und bloß niemals mehr zurückkehren solle – gekrönt mit einem schallenden „that’s right!“.

Es geht nicht nur ums Singen, auch um den Austausch

Das machte nicht nur dem Publikum Riesenspaß. „Der Chor ist eine wunderbare Truppe, bestehend aus vielen netten Leuten“, schwärmte Sabine Hirschmann, die seit knapp einem Jahr mitsingt. „Da geht es nicht nur ums Singen, sondern auch um das Soziale und den Austausch.“ Denn das Besondere ist: Nach dem Singen wird immer im Familienzentrum Stöckach zu Abend gegessen.

Die Idee dazu hatte Monika Nitschke, die Leiterin des Familienzentrums Stöckach. „Ich wollte etwas, das Gemeinschaft schafft. Und was ist besser als Singen?“. So beschrieb sie es am Geburtstagsabend. Durch einen Aufruf in der Zeitung fand sie Mitsängerinnen und -sänger. Manche gingen nach einer Weile wieder, die meisten blieben.

„Wer gerne singt, soll sich bei uns melden“, sagte Nitschke. „Es kommt nicht darauf an, ob man gut oder schlecht singt, sondern auf den Spaß und dass wir zusammen etwas tun.“ Da sich heute keiner mehr binden oder längerfristig Mitglied sein wolle, habe sie den Chor zunächst als Projekt angelegt: zehnmal singen und essen, drei Konzerte, dann ist Schluss. Schmunzelnd fügte Nitschke hinzu: „Doch jetzt sind alle so begeistert, dass keiner aufhören will.“ Derzeit verhandelt sie mit Uwe Lames, wie es weitergeht. Während dessen Elternzeit hat der Musiker und Lehrer vor einem Jahr die Chorleitung übernommen. Nun geht er wieder in den Schuldienst. „Wir machen auf jeden Fall weiter“, sagt Nitschke, und ihre Augen glänzen dabei. „Es ist wahrhaft ein Chor der Herzen.“

„Probier’s mal mit Gemütlichkeit“

Die Begeisterung der Sängerinnen und Sänger, die erstmals von Katrin Kasem auf dem Klavier und Samir Mansour auf der arabische Laute Oud und der Trommel begleitet wurden, sprang gleich mit dem ersten Lied auf die Zuschauer im „Lab“ über. Zum Einstieg hatten sie gewählt, was in dieser hektischen Welt notwendig ist: „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ aus dem Dschungelbuch, im englischen Originaltitel „The Bare Necessities“.

Auch an Volksweisen anderer Kulturen wagte sich der Chor, dessen Mitglieder aus vielen Nationen kommen. So gab etwa Fasana als Solistin zwei persische Lieder zum Besten. Die zehnjährige Dina – das jüngstes Mitglied des Chores – trug Songs aus ihrer bosnischen Heimat vor. Trotz Nachmittagsschule kommt sie jeden Donnerstag in die Probe: „Es macht mir einfach viel Spaß.“

Sie und die anderen Geburtstagskinder hatten zu ihrem Einjährigen auch Gratulanten. So beglückwünschte der Chorleiter Uwe Lasem seine Sänger, indem er nach ihrem Auftritt mit Nathalie musizierte, einer einstigen Schülerin.

Zum Abschluss spielten die Band The Boys of Bedlam – ein Italiener, ein Franke und ein Engländer – mit Kontrabass, Cajón und Mandoline eine wilde Mischung aus Punk, Thelonius Monk, Jimi Hendrix, Strathspays und Gigues.