OB Wolfgang Schuster an seinem Schreibtisch. Foto: Piechowski

Am kommenden Montag will sich der Amtsinhaber Wolfgang Schuster zu seinen Plänen äußern.

Stuttgart - Wird Wolfgang Schuster im Herbst nicht mehr für den Stuttgarter OB-Sessel kandidieren? Oder strebt er doch an, mit Zustimmung der Wähler bis zu 56 Monate dranzuhängen, ehe er mit 68 Jahren das Rathaus verlassen müsste? In vier Tagen will er sich erklären.

Selten begab sich Wolfgang Schuster so bereitwillig in eine Sackgasse, aus der man schwer wieder rauskommt, wie Ende Oktober 2004. Wenige Tage nach seiner Wiederwahl als Stuttgarter OB ließ er wissen, er werde 2012 mit Sicherheit nicht mehr antreten. Noch im Januar 2007 untermauerte er diese Position. Doch irgendwann danach begann seine Absetzbewegung. Vielleicht, weil er erkannt hatte, dass ihn die frühzeitige Ankündigung seines Abschiedes lähmte. Dass im Rathaus und außerhalb Gelüste bei möglichen Thronfolgern geweckt werden. 2008 ließ Schuster immer öfter wissen, er erwäge nun doch eine dritte Amtszeit. Eine Amtszeit, bis er von Gesetzes wegen den OB-Sessel aufgeben müsste: zu seinem 68.Geburtstag am 5. September 2017.

Reizt ihn eine dritte Amtszeit?

Als er anfing, damit zu liebäugeln, hatte Schuster die harten Jahren mit dem heftigsten Streit um Stuttgart21 noch vor sich. Aber trotz dieser Erfahrungen, meinen manche Beobachter und Weggefährten, reize ihn die dritte Amtszeit noch immer. Andere bezweifeln, dass er sich und seiner Familie die Zusatzjahre im OB-Amt noch zumuten wolle. Genaues weiß niemand. Denn anders als 2004 hat Schuster später die Devise ausgegeben, dass er sich erst Anfang 2012 erklären werde: wenn sich sein Dienstbeginn im Stuttgarter Rathaus zum 15. Mal jährt und sein möglicherweise letztes Amtsjahr beginnt. Diese Marschrichtung hielt er durch.

Wann es eine Zäsur in Form des vierten OBs nach dem Zweiten Weltkrieg gibt, hängt von Schusters Entscheidung am Montag ab. Tritt er 2012 erneut an und wird wiedergewählt, ist dies aus Altersgründen spätestens Ende August 2017 der Fall. Wird er nicht wiedergewählt oder kandidiert nicht mehr, beginnt Anfang 2013 eine neue Ära. Auch die bisherigen OBs prägten die Stadt.

Der Amtsinhaber: Schuster (62/CDU) gilt vielen eher als Kopf- denn als Bauchmensch. Er selbst sagte, er sei eine Mischung von beidem. Dafür hat er eine neue Kategorie eingeführt: Er sei Herzmensch. Wirklich populär war er nie. Fehler wie den Umgang mit Unterschriften von Bürgern gegen das Projekt Stuttgart21 hat er nicht vermieden. Auf der Liste seiner persönlichen Erfolge sind aber große Kaliber wie das Kunstmuseum und die Stadtbibliothek. Unermüdlich sammelte Schuster weltweit Ideen für Stuttgart und versuchte sie - mit mehr oder weniger Durchhaltewillen - umzusetzen oder der Stadt manchmal vielleicht auch überzustülpen. Ständig suchte er Investoren. Wenn er sich nicht so intensiv gekümmert hätte, sagte er, würde Stuttgart heute nicht so gut dastehen. Die andere Seite der Medaille ist, dass Schuster daher manchen als investorenhörig gilt. Sein Reinfall mit der Idee eines Trump-Towers, die wie eine Seifenblase platzte, ist das beste Beispiel dafür.

Rommel war als große Autorität geachtet

Der Vorgänger: Manfred Rommel (83/CDU) galt in seiner aktiven Zeit als gewiefter Finanzpolitiker, der nach dem Geschmack mancher Unternehmer aber zu wenig Motor von Stadt und Region war. Er redete der doppelten Staatsbürgerschaft das Wort, legte den Grundstein für eine liberale Integrationspolitik in Stuttgart, praktizierte eine liberale Kulturpolitik, war auf der Ebene des Deutschen Städtetags ein kommunaler Anführer und im In- und Ausland als ehrlicher Politiker mit Gewissen, Verantwortungsbewusstsein und großer Autorität geachtet.

Der Vorvorgänger: Arnulf Klett fing 1945 als "Trümmerbürgermeister" an - von den Besatzern eingesetzt. Stuttgart glich tatsächlich einer Trümmerlandschaft. In den restlichen intakten Häusern und den Ruinen mussten auch noch immer mehr nach Stuttgart strömende Heimkehrer und Vertriebene untergebracht werden. Der parteilose Mann mit einer "Antenne für Neuerungen", wie man sagte, wurde mehrmals von den Bürgern im Amt bestätigt. Er organisierte Stuttgarts Wiederaufbau. Schnell nahm die Stadt wieder eine führende Stellung unter den deutschen Städten ein. Die Schattenseite: Bei der Erbauung der neuen Stadt wurden die Reste des historischen Kronprinzenpalais und ein Großteil der Rathaus-Ruine weggefegt. Zugleich wurde die "autogerechte Stadt" angelegt, um deren Rückbau man bis heute ringt. Klett starb 1974 mit 69 Jahren auf der Bühler Höhe im Schwarzwald.