Anrainer beklagen, dass die Drogenszene im Leonhardsviertel wächst. Foto: Lg/Oliver Willikonsky

Anrainer des Leonhardsviertels in Stuttgart-Mitte schlagen Alarm: Die Drogen-Szene wachse, sowohl Kundschaft als auch Dealer hätten offenbar wenig Angst, von der Polizei erwischt zu werden.

Stuttgart-Mitte - Zwei Männer laufen quer über die Hauptstätter Straße, mitten im Feierabendverkehr in Richtung Leonhardsviertel. Autos bremsen, hupen. Die Fußgänger sind davon völlig unbeeindruckt, schlappen wie ferngesteuert weiter. „Gott sei Dank ist nichts passiert“, kommentiert ein Mann, der das Treiben beobachtet hat. Ganz offensichtlich standen beide Männer unter Drogeneinfluss.

Einigen Anrainern im Leonhardsviertel wird das langsam zu viel. „Die Händler und die Kundschaft von Betäubungsmitteln machen ihre Geschäfte zur Zeit sehr massiv und öffentlich im Viertel“, sagt SPD-Bezirksbeirat Heinrich-Hermann Huth, Auch aus der Jakobschule kämen von Elternschaft und Leitung deutliche Beschwerden aufgrund von Spritzenfunden auf dem Schulhof.

Die Angst der Dealer, erwischt zu werden, ist gering

Ein anderer, dem aufgefallen ist, dass die Drogenszene im Leonhardsviertel wächst, ist der Bordellbetreiber John Heer: „Seit einigen Wochen beobachten meine Mitarbeiter und ich, dass das Problem immer größer wird.“ Der Drogenhandel finde vollkommen öffentlich statt, die Angst der Dealer, erwischt zu werden, sei offenbar gering.

Ganz neu sind diese Beobachtungen nicht. Im Sommer vergangenen Jahres hatte bereits der Tapas-Bar-Betreiber Javier Sanz vom La Casona am Leonhardsplatz darüber geklagt, dass der Drogenhandel im Viertel floriere. Im Winter ist es wohl wieder etwas ruhiger geworden – aber jetzt, wo es wieder warm wird, nehmen auch die Probleme offenbar wieder zu.

Während der Fußball-WM 2006 war viel Polizei unterwegs

Heinrich-Hermann Huth, der auch selbst im Leonhardsviertel lebt und auch dort arbeitet, forderte bereits im dritten Quartal 2016, die Polizeipräsenz im Leonhardsviertel durch eine Fußstreife zu erhöhen. In der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats hat er sein Anliegen bekräftigt. Seiner Meinung nach würde eine Hundestreife womöglich den größten Erfolg versprechen.

Während der Fußball-WM 2006 habe die verstärkte Präsenz der Beamten im Viertel viel bewirkt. Damals habe die Altstadt unter ähnlichen Problemen gelitten. „Es ist der Eindruck entstanden, es handle sich beim Leonhardsviertel um einen quasi rechtsfreien Raum“, sagt Huth.

Die Polizei bestätigt die Anrainerklagen nur bedingt. Zwar sei dem Drogendezernat durchaus bekannt, dass in der Altstadt mit illegalen Substanzen gehandelt werde. „Aber zu den Hauptumschlagplätzen in Stuttgart gehört die Gegend nicht“, sagt Polizeisprecher Stephan Widmann.

Eine Verschlimmerung der Aktivitäten von Drogenhändlern habe die Polizei nicht feststellen können. Generell hätten die Beamten das Viertel „auf dem Schirm“, auch Fußstreifen würden bereits laufen.

Für viele der Anrainer ist das Engagement der Beamten aber nicht genug. Manche, wie der Bordellbetreiber John Heer, machen den Poller am Zugang zur Leonhardstraße dafür verantwortlich, dass die Streifen nicht ins Viertel kommen würden. Die Polizei weist den Vorwurf von sich: „Natürlich steigen unsere Beamten dann aus und kontrollieren vor Ort.“