Der Gobelinsaal mit neuer LED-Beleuchtung in der Kassettendecke Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Allein die Sanierung der Villa Reitzenstein hat 11,2 Millionen Euro gekostet, ein Neubau für das Staatsministerium weitere 15,6 Millionen. Nach zwei Jahren sind die Baumaßnahmen fast komplett beendet. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Staatssekretär sind wieder eingezogen.

Stuttgart - Der ehemalige CDU-Ministerpräsident Günther Oettinger kehrt zurück in die Villa Reitzenstein, sein vom Volk als „Rambo“ eingestufter, im Turbomodus gescheiterter Kurzzeit-Nachfolger Stefan Mappus zumindest bis auf Weiteres nicht. Nicht einmal in die Bildergalerie im Staatsministerium. Dort wird in Kürze dagegen das neue Porträt von Oettinger erwartet, das die Bilder der Ex-Ministerpräsidenten ergänzen wird. Im Moment ist das Werk der Münchner Malerin Anke Doberauer beim Rahmen.

Der amtierende Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) werde das Bild demnächst sicherlich gern mit dem heutigen EU-Kommissar Oettinger enthüllen, sagt Staatssekretär Klaus-Peter Murawski (Grüne), der sich um die Vervollständigung der Ahnengalerie seines Dienstherren kümmerte. Ob auch Mappus sich malen lassen und einreihen will, wisse man nicht. Man habe mehrfach angefragt. Ohne Reaktion.

Die Bilder der Altvorderen werden im Bereich des unterirdischen Verbindungsgangs zwischen der Villa und dem soeben erstellten Ergänzungsbau aufgehängt. Ins Treppenhaus der Villa, die von 1910 bis 1913 für Baronin Helene von Reitzenstein gebaut wurde, kommen sie nicht mehr. Dort wie im restlichen Gebäude sind bei der Sanierung, wie es Murawski ausdrückt, gewisse Veränderungen zurückgedreht worden, die der Villa übergestülpt worden waren. Man wollte das historische Ambiente freilegen.

LED-Beleuchtung über dem Beratungstisch

In anderen Punkten richteten sich die Maßnahmen aber nach den Erfordernissen der neuen Zeit und der Menschen, die in der Villa arbeiten. Das Dach wurde gedämmt und mit moderner Technik bestückt. Deutlich wird der Balanceakt zwischen Bewahrung und Modernisierung auch im Gobelinsaal, in dem nach dem Zweiten Weltkrieg Vertreter der Westalliierten tagten und den ersten Anstoß zur Gründung der Bundesrepublik (West) gaben. Dem lichten Moment von damals werden noch viel mehr lichte Momente folgen. Die Kassettendecke strahlt jetzt lesefreundliches LED-Licht auf den Beratungstisch darunter. „Dieser Raum hat am meisten gewonnen“, meint Murawski. Darüber habe man mit dem Denkmalschutz aber auch besonders gerungen.

Am Licht haben die Renovierer auch sonst viel gedreht. Da und dort rüsteten sie die Murano-Leuchter der Freifrau Helene von Reitzenstein auf LED-Technik um. Rund 250 Kilometer (elektrische) Leitungen seien in der Villa und in den Neubauten verlegt worden, sagt Murawski. Längst sind die Wände wieder geschlossen. Historische Fensterrahmen wurden mit modernen Wärmedämmscheiben aufgerüstet. Holzböden und Tischplatten wie die im Kabinettssitzungssaal hat man sorgfältig aufbereitet, die Heizung erneuert.

Lustgarten über dem Verbindungsbau

Die Asbestlasten im abgerissenen Vorgängerbau des Erweiterungsbaus sind ebenso beseitigt wie Asbest, das im Lauf der Jahrzehnte in die historische Villa Einzug gehalten hatte. Der Neubau, der durch moderne Technik wie ein Blockheizkraftwerk mehr Energie erzeugt als verbraucht, versorgt auch die Villa. Aus einem einst von den Nazis genutzten Keller unter dem Gelände speist sich die Kühlung, die dafür sorgt, dass die Beschäftigten in Alt- und Neubauten kühlen Kopf bewahren. Ein neuer Schrägbau zwischen Villa und Neubau beherbergt eine Küche und eine Kantine und – was eine neue Errungenschaft ist – ein Bürgerzentrum für eine bessere Öffentlichkeitsarbeit. Darüber ist ein Lustgarten angelegt. Der benachbarte Rosengarten ist rekonstruiert worden. Nun ist die 11,2 Millionen Euro teure Sanierung der Villa abgehakt. Der 15,6 Millionen Euro teure Neubauteil geht erst im November in Betrieb. Gärtnerische Arbeiten rund um den Neubau hätten sich etwas verzögert.

Wenn Murawski so umherschaut in der Villa, ist er hoch zufrieden. Gut, meint er, dass sich frühere Überlegungen zerschlagen haben, die Staatskanzlei ins neue Quartier am Karlsplatz zu verlegen . . .