In diesem Selbstbildnis porträtierte sich Wilhelm Imkamp mit seinen Eltern. Sein Vater war zu dieser Zeit bereits verstorben, er wird als Bild im Bild dargestellt. Foto: Susanne Müller-Baji

Der Künstler Wilhelm Imkamp gilt als wichtiger Vertreter der klassischen Moderne. Er lebte und arbeitete 37 Jahre in Feuerbach. Nun soll mit einer Gedenktafel am Atelierhaus an ihn erinnert werden.

Feuerbach - Auf dem Selbstbildnis ist der Künstler in jungen Jahren zu sehen. Wilhelm Imkamp steht im weißen Malerkittel da, den Pinsel in der Hand, er scheint prüfend den Betrachter des Bildes zu mustern. Daneben sitzt seine Mutter in einem Lehnstuhl, während der Vater als Porträt im Porträt im Hintergrund dargestellt wird. Wilhelm Imkamp war erst 16 Jahre alt, als sein Vater starb. „Er musste schon früh für seine Mutter sorgen, die er sehr geliebt hat. Er hat alles getan, um ihr ein möglichst angenehmes Leben zu ermöglichen“, berichtet Wilhelm Imkamps Sohn, Maximilian Imkamp. Auch diese Familienkonstellation spiegelt das Bild wider.

Der Zeichenlehrer rät ihm, nach Dessau ans Bauhaus zu gehen

Das Malen war Wilhelm Imkamp in die Wiege gelegt. Am 9. März 1906 wird er in Münster/Westfalen geboren. Als Sechsjähriger gestaltet er bereits Postkarten. In der Schule rufen ihn seine Mitschüler nicht Wilhelm oder Willy. „Alle nannten ihn nur den Maler“, sagt sein Sohn. Der Zeichenlehrer an der Oberrealschule in Münster rät ihm, ans Bauhaus nach Dessau zu gehen. Dort studiert er von 1926 bis 1929 bei Wassily Kandinsky, Paul Klee und Lyonel Feininger. Danach geht er ein Jahr nach Paris. Dort entsteht die Pariser Mappe. Mit Kandinsky hält er weiter Kontakt. 1930 wechselt Imkamp nach Essen.

Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, darf er nicht mehr abstrakt malen. Er tut es dennoch – im Geheimen. Sein Geld verdient er mit Porträt- und Landschaftsmalerei: „Das hat er immer nur als Broterwerb gesehen.“ 1939 heiratet er. Noch im selben Jahr muss er zur Luftwaffenbaukompanie nach Norddeutschland. Mit Hacke und Schippe rückt er aus. Doch auch beim Militär wird sein Talent schnell sichtbar. Er bietet höher gestellten Soldaten an, dass er sie malt. „Die fühlten sich natürlich gebauchpinselt“, berichtet sein Sohn. Die Malerei bewahrt ihn letztendlich davor, die Waffe in die Hand nehmen zu müssen: „Er musste auf niemand schießen. Mein Vater war ein Pazifist durch und durch.“

Nach Kriegsende zieht die Familie nach Stuttgart

Und ein Mensch, der größten Wert auf Fleiß und Pünktlichkeit legt: „Mein Vater war unendlich fleißig. Viele Menschen haben ja die Vorstellung, dass ein Künstler wie ein Bohemien lebt“, sagt Maximilian Imkamp. Quasi ein Leben zwischen Muse und Müßiggang. Doch der Imkamp’sche Kosmos und Künstlerhaushalt funktioniert völlig anders. Streng strukturierte Tagesabläufe bestimmen den Alltag: Von Morgens etwa 9.30 Uhr bis nachts um 1 oder 2 Uhr arbeitet Wilhelm Imkamp im Atelier. Dazwischen gibt es eine Mittagspause und das Abendbrot. Mehr nicht. So geht das tagein und tagaus. Auch an Feiertagen und Sonntagen steht Wilhelm Imkamp im Atelier.

Nach Kriegsende zieht die inzwischen vierköpfige Familie in die damals aufstrebende Kunststadt Stuttgart – genauer gesagt nach Feuerbach. Ab 1953 leben sie in einem Häuschen an der Langhansstraße. Doch das wird schnell zu klein. „Später kauften meine Eltern ein Grundstück auf dem Killesberg und bauten ein größeres Haus im Baumeisterweg“, sagt Imkamp und betont: „Meine Eltern haben ein sehr mutiges Leben geführt. Sie hatten keine Altersversorgung und keine Krankenversicherung, denn für freischaffende Künstler gab es nach dem Krieg keine derartige Möglichkeit. Trotzdem haben sie es geschafft, sich ein Polster fürs Alter zu schaffen. Je älter ich werde, desto mehr bewundere ich meine Eltern“, sagt der inzwischen 70-jährige Sohn.

Hinzu kommt, dass sein Vater bis ins hohe Alter auf einen Kunsthändler verzichtet. Er verkauft seine Bilder lieber selbst. Lothar Späth erwirbt mehrere Bilder, aber auch Eugen Keuerleber, der frühere Direktor der Städtischen Galerie, und andere Museumsdirektoren kommen zu ihm ins Atelier am Baumeisterweg 22a: „Auch Tut Schlemmer, die Witwe von Oskar Schlemmer, war immer mal wieder da. Eine ganz tolle Frau“, schwärmt Maximilian Imkamp. Oder auch Ida Kerkovius lässt sich blicken: Sie sei die einzige gewesen, die ihm beim Malen reinreden durfte.

Mehr als 30 deutsche Museen haben Bilder von Wilhelm Imkamp in ihren Sammlungen, dennoch ist seine Kunst in Vergessenheit geraten: „Die Abstrakten sind momentan nicht im Schwange“, sagt Maximilian Imkamp. Immerhin will Feuerbach dem Künstler nun eine späte Reverenz erweisen. Mit einer Informationstafel am Atelierhaus soll an den bekannten Sohn des Stadtbezirks erinnert werden.