Im Feuerbacher Wohngebiet Hattenbühl könnten auf einer Freifläche zwei provisorische Gebäude für 159 Flüchtlinge gebaut werden. Foto: Google Maps/Teleatlas Foto:  

Immobilieneigentümer im Feuerbacher Wohngebiet Hattenbühl drohen mit Schadenersatzforderung, falls die Stadt dort eine Asylunterkunft baut. Es ist ein Abwehrkampf mit harten Bandagen.

Stuttgart - Im Februar wird der Gemeinderat beschließen, wo in Feuerbach von der zweiten Jahreshälfte an bis zu 200 Flüchtlinge untergebracht werden. Sollte die Wahl auf den Standort Hattenbühl fallen, muss sich die Stadt auf massiven Widerstand einstellen. Eine Anwohner-Gruppe warnt bereits vor „Konflikten“ zwischen Flüchtlingen und Nachbarschaft; sie befürchtet die „Ghettoisierung“ des idyllisch am Ortsrand gelegenen, bürgerlichen Wohngebiets.

Die Standpunkte der Anwohner hat eine renommierte Stuttgarter Anwaltskanzlei in einem umfangreichen Schreiben an OB Fritz Kuhn (Grüne) zusammengefasst. Fazit der Kanzlei: Weil die Unterkunft für die Interessen der Mandanten erhebliche Nachteile bedeute und darum gegen gültiges Baurecht verstoße, komme der Hattenbühl „nicht in Frage“. Die Stadt müsse sich „nach einem anderen Standort umschauen.“

Laut Datumsangabe hat das Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, OB Kuhn am 17. Dezember 2013 erreicht. Zwei Tage später stellte der Gemeinderat den für den 19. Dezember vorgesehenen Beschluss über den Standort Feuerbach – so, wie es auch die Mehrheit des dortigen Bezirksbeirats zuvor gefordert hatte – zurück. In der Sitzung sprach OB Kuhn von „bedrückenden“ Briefen, die er erhalten habe – ohne weiter darauf einzugehen. Die Verwaltung wurde in der Sitzung aufgefordert, in Feuerbach bis Ende Februar vordringlich drei Alternativstandorte zu prüfen. Falls das zu keiner Lösung führt, wollen die Stadträte auf eine der beiden ursprünglichen Varianten Burgherrenstraße oder Hattenbühl zurückkommen.

Flüchtlingsheim sei "unzumutbare Beeinträchtigung"

Je nach Standort sollen 87 bis 200 Flüchtlinge unterkommen. Falls der Standort Hattenbühl gewählt wird, werden im Sommer auf einer Brache an der Kreuzung zur Linzer Straße zwei zweistöckige Gebäude für 159 Flüchtlinge errichtet. Die sogenannten Systembauten werden regulär fünf und maximal zehn Jahre lang genutzt. Das städtische Grundstück war bisher als Erweiterungsfläche für Schulen, Kindergärten oder andere soziale Einrichtungen vorgesehen.

Im Anwaltsschreiben wird die Option Hattenbühl als „unzumutbare Beeinträchtigung“ bezeichnet: Unter den Flüchtlingen seien nämlich „sowohl verbale als auch gewalttätige körperliche Auseinandersetzungen vorprogrammiert“. Darum sei es „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ absehbar, dass es unter den Flüchtlingen „fortlaufend zur Begehung von Straftaten“ kommen werde, was zur ständigen Konfrontation mit der Justiz und einem „gespaltenen Verhältnis“ zum deutschen Staat und dessen Bürgern führe. „Die Gefahr ist sehr groß, dass sich der Zorn über die Obrigkeit anschließend auf die Anwohner und deren Kinder niederschlägt und dort entlädt“, heißt es im Schreiben. Direkte Konfrontationen mit den Flüchtlingen seien aber „mit erheblichen Risiken“ verbunden.

Die eigenen Kinder im Viertel seien auf ein intaktes Umfeld angewiesen, argumentieren die Anwohner und ihr Anwalt. Es lasse sich aber nicht vermeiden, dass „die sozialen Konflikte“ der Flüchtlingsunterkunft auf Schul- und Kindergartenwege ausstrahlten und „zur Gefährdung und Belästigung“ der Kinder und Jugendlichen führten. Das habe auch negative Folgen für die Schulleistungen. Andere Nachbarn äußern sich gegenüber unserer Zeitung in ähnlicher Art.

Alternativen würden vorurteilsfrei geprüft

Alles in allem bewirkten die Negativeffekte einer Asylunterkunft eine Wertminderung ihrer Immobilien, argumentieren die Anwohner. Dem hochwertigen Wohngebiet Hattenbühl – in dem sie vor einigen Jahren von der Stadt das Bauland erworben hätten, das an die Unterkunft angrenzen würde – drohe die „schleichende Ghettoisierung“. Die Stadt riskiere deshalb auch „erhebliche Schadenersatzansprüche“.

„Solche Briefe können und dürfen uns nicht beeinflussen“, sagt Stefan Spatz, stellvertretender Leiter des Sozialamts. Die genannten Argumente seien „inhaltlich nicht akzeptabel“. Man werde unbeeindruckt alle Alternativen in Feuerbach vorurteilsfrei prüfen. Am Ende könne das Ergebnis auch Hattenbühl heißen, betont Spatz.

„Wir sind überzeugt davon, dass wir die Unterbringung der Flüchtlinge gut hinbekommen“, sagt die Feuerbacher Bezirksvorsteherin Andrea Klöber (SPD). Demnächst lädt sie Bürger, Institutionen und Vereine zur Gründung eines Freundeskreises für Flüchtlinge ein. „Wir wollen den Menschen ein Willkommen anbieten können“, sagt Klöber. Zum Anwohnerprotest im Hattenbühl mag sie sich nicht öffentlich äußern.