Entspannte Stimmung auf dem Stuttgart Festival mit FM Belfast - später gaben die Veranstalter eine Unwetterwarnung heraus Foto: www.7aktuell.de | Ralf Just

Mit Video-Umfrage - Eine Unwetterwarnung des Veranstalters beendet jäh den ersten Abend des Stuttgart Festivals. Zahlreiche Besucher treten vorzeitig den Heimweg an. Am Samstag beginnt das Festival wegen des Sturms erst um 16 Uhr.

Stuttgart - „Entschuldigung“, sagt die charmante Dillon, „aber wir dürfen nicht weiterspielen.“ Es ist Freitagabend. 22.30 Uhr. Auf der Bühne erlischt das Stroboskopgeflimmer. Und die über den Himmel zuckenden Blitze übernehmen die Lichtshow. Gerade einmal eine Viertelstunde hat die Brasilianerin, die sich in ihren Liedern ein bisschen wie die kleine Schwester von Björk inszeniert, das Publikum an der kleineren der beiden Bühnen auf dem Stuttgarter Messegelände mit ihrem smart-smoothen Elektropop unterhalten.

Doch der Veranstalter des Stuttgart Festivals geht auf Nummer sicher, bricht wegen einer Unwetterwarnung erst den Auftritt von Dillon ab, öffnet dann die Messehallen, damit das Publikum dort vor dem nahenden Gewitter Unterschlupf finden kann, und kurze Zeit später wird auch den Auftritt der Elektrofolk-Combo Crystal Fighters, die um 23 Uhr auf der Hauptbühne spielen sollte, abgesagt.

Tausende Fans treten vorzeitig die Heimweg ab. Der Ärger hält sich aber in Grenzen. Zum einen, weil die Blitze am Himmel tatsächlich alles andere als harmlos wirken und der stürmische Wind einen ziemlich durchschüttelt. Zum anderen aber, weil das Programm des ersten Festivaltags trotzdem voller toller Momente war.

Die Entdeckung der Langsamkeit

Allein schon wegen de Auftritte von James Vincent McMorrow und Ólafur Arnalds hat sich der erste Festivaltag unbedingt gelohnt. Obwohl der Ire und der Isländer ganz und gar nicht die Sorte locker-flockigen Mittanz- und Mitsing-Indiepop bieten, der sonst bei solchen Open-Air-Festivals so beliebt ist, dürfen sie trotzdem auf der großen Bühne auftreten. McMorrow breitet dort eine hochsensible Seelenschau aus, singt in Dubstep-Balladen wie „We Don’t Eat“, durch die ein synkopierendes Klavier zuckt, von zweitausend Jahren Einsamkeit, von der Ruhe vor dem Sturm.

Die Entdeckung der Langsamkeit wird auch im Auftritt Arnalds fortgesetzt, für den ein Flügel auf die Bühne geschoben wird. Begleitet von einem Streichquartett, Flügelhörnern, Posaunen und dem Sänger Arnór Dan lässt der Isländer musikalische Welten entstehen, die zwischen Kammermusik, Kunstlied und Minimal Music zu Hause sind. Beim Auftritt in Stuttgart gibt es Platz für instrumentale Kompositionen, für Motive aus dem betörenden Soundtrack, den Arnalds für die britische TV-Serie „Broadchurch“ geschrieben hat, aber auch für Meisterwerke der Empfindlichkeit wie „I Stand Alone“.

Doch auch sonst kann sich die Festivalpremiere hören lassen. Da ist der schrullige Indierock von Ezra Furman & The Boyfriends, hier der Hippiefolk der Charity Children, dort der ADHS-Elektropop von FM Belfast. So darf das Festival am Samstag gerne weitergehen. Nur diesmal bitte ohne Unwetter.