49-Jähriger übernachtet in Weilimdorf in seinem Caravan – und wird plötzlich mitsamt Gefährt von Wohnwagen-Dieben gestohlen.

Stuttgart - Der Schreck sitzt ihm immer noch tief in den Gliedern. So tief, dass er sich dem Rampenlicht der Öffentlichkeit lieber fernhält – schließlich hat er der Polizei einen Zugang zu einer mutmaßlich internationalen Diebesbande verschafft, die seit einiger Zeit in Serie Wohnwagen verschwinden lässt. Der Mann, der so anonym wie irgend möglich bleiben will, hat der Polizei einen Täter geliefert. Wenn auch unfreiwillig.

Man muss nicht immer im Hotel übernachten, wenn man geschäftlich für Projektarbeiten für ein paar Tage in andere Städte reist. Das dachte sich jedenfalls der 48-jährige Wohnwagen-Besitzer, der die Nacht zum Donnerstag deshalb in seinem Caravan im Industriegebiet in Weilimdorf verbringen wollte. Die Straßen Stuttgarts, heißt es ja immer, sind sicher. Das ist im Prinzip richtig – jedoch: Der Bereich ist seit geraumer Zeit ein beliebter Tummelplatz für Wohnwagen-Diebe. Anfang Juni etwa war vom Gelände eines Händlers ein hochwertiger, fabrikneuer Wohnwagen, ein Fendt Topas 520, spurlos verschwunden. Zurück blieb ein aufgeschnittener Maschendrahtzaun.

In dieser Nacht hörte der 48-Jährige plötzlich draußen Stimmen, in einer fremden Sprache. Dann rüttelte es am Wagen. Der Caravan-Besitzer protestierte und wollte gerade nach draußen, um nach dem Rechten zu schauen – da setzte sich sein Wohnwagen auch schon in Bewegung. „Das war überhaupt nicht witzig“, gibt der Betroffene zu Protokoll. Sein Gedanke: Wenn Straftäter merken, dass sie einen Zeugen haben – was stellen die dann mit einem an?

Über Handy Polizei alarmiert

Die nächtlichen Entführer nahmen Kurs auf die nahe gelegene Autobahn 81. Der 48-Jährige griff zu seinem Handy und alarmierte die Polizei. Seine Entführer waren unterwegs in einem weißen Lieferwagen mit ausländischem Kennzeichen. Er beschrieb das Fahrzeug so gut wie möglich und gab ständig seine Position durch. Auf der Bundesstraße 295 ging es von Weilimdorf westwärts.

Und dann kam wieder alles anders. Die Täter stoppten überraschend an der Autobahn-Anschlussstelle Ditzingen und koppelten den Wohnwagen ab. Der Lieferwagen fuhr weiter. Kurze Zeit später traf ein erster Streifenwagen der Polizei am Ort ein. Auf der Autobahn lief eine Fahndung nach dem Fahrzeug der Täter.

Auf der A 81 ging schließlich ein Lieferwagen ins Netz, auf den die Beschreibung passte. In dem Ford Transit saß nur der Fahrer, ein mutmaßlich 36-Jähriger, der sich nicht ausweisen konnte. Im Transporter wurden Gegenstände gefunden, die dem Wohnwagen des 48-Jährigen zugeordnet werden konnten. Von den Komplizen fehlte allerdings jede Spur.

Mitglied betrügerischer Teerkolonnen?

Die Festnahme des Verdächtigen könnte den Ermittlern erste Hinweise darauf geben, welche Gruppierung hinter den Diebstählen von Wohnwagen stecken könnte. Der Mann gab an, aus Großbritannien zu stammen, gab als Geburtsort eine 13 000-Einwohner-Stadt in Schottland an. Er dürfte nach vorläufigen Erkenntnissen wohl jener nomadischen ethnischen Minderheit von der Insel angehören, die wiederholt als betrügerische Teerkolonnen auffallen, die in der Bundesrepublik umherreisen. Dabei geben sich die reisenden Täter als Bauarbeiter aus, die Hausbesitzern anbieten, deren Hofeinfahrten kostengünstig zu asphaltieren. Am Ende gibt es saftige Rechnungen – und Pfusch.

Gegen den 36-Jährigen, dessen Identität bisher nicht eindeutig geklärt ist, wurde am Donnerstag Haftbefehl erlassen. Für ihn dürften sich nicht nur die Stuttgarter Ermittler interessieren. In den vergangenen Wochen hatte es vor allem in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen eine Serie von Wohnwagen-Diebstählen gegeben. Im Kreis Düren ließen die Täter gleich fünf Wohnwagen auf einmal von einem Firmengelände mitgehen – die Fahrzeuge im Wert von 100 000 Euro verschwanden spurlos.