Jörg-Michael Schneider und Korinna Herzig zeigen „seltsame“ Filme. Foto: Björn Springorum

Jörg-Michael Schneider und Korinna Herzig haben etwas übrig für seltsame Filme. Für sie sind das Schätze, die ein Publikum verdient haben. Beim Weird Short Slam im Merlin in Stuttgart gibt es am 30. Oktober genau solche Filme zu sehen.

Stuttgart-West - Garstiger Horror, Science-Fiction, Mystery, obskure Fantastik und animierte Seltsamkeiten: Was monatlich beim Weird Wednesday, dem seltsamen Mittwoch, in den Innenstadt Kinos über die große Leinwand flimmert, hat nichts mit Hollywood oder Til Schweiger zu tun. Vergessene, lange indizierte oder schlichtweg sträflich ignorierte Spielfilme aus den Untiefen des Indie-Kinos haben es Filmemacher Jörg-Michael Schneider angetan. Einem eingeschworenen Kreis an Film-Enthusiasten gibt er die Möglichkeit, unter dem Radar laufende und teilweise schwer zu bekommende Filme in der gebührenden Umgebung eines Kinos zu sehen. „In Stuttgart gibt es ein Publikum für diese Art von Filmen“, ist sich Schneider sicher. Ihm geht es auch darum, die kulturelle Vielfalt der Filmwelt aufzuzeigen. „Viele Filme kann man gar nicht einem einzelnen Genre zuordnen, weswegen sie es am Markt sehr schwer haben.“

Der Erfolg seiner Reihe gibt ihm recht: Seit zweieinhalb Jahren läuft der Weird Wednesday, erst kürzlich gab es anlässlich des 20. Geburtstags ein Wiedersehen mit dem modernen Klassiker „Scream“. Eröffnet wird der Abend stets von einem thematisch einigermaßen passenden Kurzfilm. Diese hat Schneider anfangs selbst zusammengesucht, mittlerweile senden ihm Filmemacher aus aller Welt ihre Werke zu.

Mal klassischer Horror, mal feinfühlig

Sie entstammen allen Genres, sind mal klassischer Horror mit Meuchelmördern und Bestien, mal feinfühlige Dramen, mal beides. Gemeinsam haben sie zwei Dinge: Sie sind seltsam und oft von bemerkenswerter Qualität. Das brachte Schneider und seine langjährige Weird-Wednesday-Kollegin Korinna Herzig auf die Idee eines eigenen Kurzfilmfestivals am Montag, 30. Oktober, um 18 Uhr, zum bevorstehenden Fest der Geister – ganz im Sinne des Weird Wednesday, versteht sich.

Das Besondere: Der Weird Short Slamim Kulturzentrum Merlinzeigt nur Filme, die bislang nicht bei den Weird Wednesdays zu sehen waren – es aber eben verdient hätten. Ein Herz für Freaks muss man haben, um Gefallen an diesen Filmen zu finden. Dann aber steht einem im positivsten Sinne merkwürdigen Filmabend nichts mehr im Wege. Um 17 Uhr geht die Tür auf, ab 18 Uhr läuft stündlich eine Rolle mit Kurzfilmen – bis Mitternacht.

Fünf Stunden Kurzfilm-Vollbedienung für die Horror-Spezialisten und cineastischen Perlentaucher also. Makabres, Lustiges, Bewegendes, Blutiges und Gespenstisches in verschiedenster Form haben die beiden zusammengesucht. „Die Filme müssen etwas Eigenes haben“, betont Herzig. „Standard-Horror oder allzu herkömmliche Filme gibt es bei uns nicht.“ Sie nennt das „Overkill mit Super-Kitsch“, man merkt, dass es für die beiden kaum etwas Schlimmeres gibt als Stangenware.

Eine Plattform für Nachwuchsfilmer

Schneider und Herzig sind Filmemacher bei Ubik Media im Stuttgarter Westen, haben ihren ungewöhnlichen und feinfühligen Science-Fiction-Streifen „Nirwana Blüte“ über Crowdfunding finanziert. Sie sehen den Weird Wednesday oder ihren Weird Short Slam deswegen als Plattform für Nachwuchsfilmer – gerne aus der Region. „Wir haben Produktionen von der Filmakademie Ludwigsburg im Programm sowie den Animationsfilm ,Fields Of Rape‘ vom Stuttgarter Studio Seufz“, so Herzig. Letzterer war schon beim Internationalen Trickfilmfestival zu sehen – im internationalen Wettbewerb. Einen besseren Ort wie das Merlin könnte es kaum geben, immerhin läuft hier seit vielen Jahren das Internationale No & Low Budget Kurzfilmfestival. Sollte der Weird Short Slam also auf ein begeistertes Publikum treffen, so sagt Schneider, wäre eine Ausweitung des Festivalkonzepts durchaus denkbar. Da das der Stuttgarter Filmszene mehr als gut tun und eine hübsche Ergänzung zum Branchenriesen Fantasy Film Fest darstellen würde.