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Immer häufiger wird in S-Bahnen Musik gemacht. Mit Kunst, so die Bahn, habe das wenig zu tun.

Stuttgart - Man sieht sie immer häufiger: Zu zweit oder zu dritt, manchmal mit Gitarre oder Harmonika ausgestattet, spielen meist ausländische Musikanten in den Stuttgarter S-Bahnen auf. Allein, mit Kunst habe das nicht viel zu tun, erklärt eine Bahnsprecherin: „Es handelt sich um richtige Banden, die in den S-Bahnen die Hilfs- und Spendenbereitschaft der Fahrgäste schamlos ausnutzen.“

Zwar stelle das Musizieren und Betteln in S-Bahnen einen Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen dar, doch der Deutschen Bahn sind die Hände weitgehend gebunden: „Diese Leute haben ja Fahrkarten, dürfen sich also in der Bahn aufhalten.“ Deshalb, so die Sprecherin weiter, sei man dazu übergegangen, die Fahrgäste mit Durchsagen zu warnen: „Erst wenn nichts mehr gespendet wird, hört das auf.“ Bemerkt ein S-Bahnfahrer, dass er Musikanten an Bord hat, lässt er die Ansage laufen.

"Wir wissen natürlich, mit wem wir es zu tun haben"

Auch der Polizei ist das Thema bekannt: "Wir halten uns in diesem schwierigen Bereich aber weitgehend zurück", sagt Steffen Zaiser, Pressesprecher der zuständigen Bundespolizeidirektion in Böblingen. "So lange keine Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten vorliegen, verstoßen die Musiker einzig gegen die Hausordnung der DB AG."

Zu einem größeren Problem wird es jedoch, wenn Aggressionen - auch unter Alkoholeinfluss - ins Spiel kommen: "Die Stimmung kann in der S-Bahn schnell umschlagen, auf beiden Seiten", so Zaiser, "und wir wissen natürlich schon, mit wem wir es zu tun haben." Die Personalien einiger S-Bahn-Musikanten wurden bereits festgestellt.

Wie häufig die Bundespolizei diesbezüglich im Einsatz ist, weiß Steffen Zaiser nicht: "Sagen wir mal so: Wir sind uns des Thema bewusst, es ist aber definitiv kein Schwerpunkt."

Das Ruhebedürfnis der Reisenden geht vor

Auch Musiker, die nicht allein aufs Geld aus sind, sondern ihre Kunst mit anderen teilen möchten, will die Deutsche Bahn in ihren Zügen übrigens nicht haben: "Viele Reisende haben ein Ruhebedürfnis. Unsere Fahrgäste sollen sich nicht gestört fühlen.“ Daher sei bisher auch nie die Überlegung angestellt worden, Konzessionen für das Musizieren in S-Bahnen zu erteilen. Von Paris und London, wo Musikanten zu Métro oder Tube einfach dazugehören, ist Stuttgart also ziemlich weit entfernt.