Rote Karten für die Windräder im Tauschwald: Nicht nur Teile des Publikums, auch das bürgerliche Lager der Bezirksbeiräte sprach sich gegen das Projekt aus. Foto: Martin Braun

Die Bezirksbeiräte Botnang, Feuerbach und Weilimdorf haben sich in einer gemeinsamen Sitzung gegen das Projekt der Stadtwerke im Tauschwald ausgesprochen.

Weilimdorf - Am Mittwochabend tagten die Bezirksbeiräte aus Botnang, Feuerbach und Weilimdorf gemeinsam. Der einzige Tagesordnungspunkt war die geplante Windkraftanlage im Tauschwald. Dabei, das machte die Weilimdorfer Bezirksvorsteherin Ulrike Zich, die die Sitzung leitete, deutlich, ging es nicht um die Entscheidung, ob die Windräder gebaut werden oder nicht: Zur Abstimmung stand der Antrag der Verwaltung, das Genehmigungsverfahren für die Anlage einzuleiten.

In der voll besetzten Lindenbachhalle erinnerte die Stimmung mitunter eher an ein Fußballspiel als an eine Bezirksbeiratssitzung. Ein Teil der insgesamt knapp 300 Zuhörer trug leuchtend grüne Schildmützen und quittierte missliebige Redebeiträge mit roten Karten. Allein bei optischen Unmutsbekundungen blieb es allerdings nicht: Bereits bei der Begrüßung wurden erste Buh-Rufe laut.

Die grünen Mützen und roten Karten wurden am Infostand der Gegner des Projekts der Stadtwerke verteilt. Vor der Lindenbachhalle hatten sich die vier Bürgerinitiativen (BIs) postiert, die gemeinsam Unterschriften gegen die zwei geplanten Windräder am Standort Tauschwald sammeln und mobil machen. Sie verwiesen auf die Stellungnahme von BUND und Nabu, die sich wegen des Artenschutzes gegen das Projekt ausgesprochen hatten. Zudem bezweifelten die BIs die Wirtschaftlichkeitsberechnung und sprachen von einem symbolischen Wert der Anlage.

Die Stadtwerke wollen sich keine stinkende Eiterbeule basteln

Auch Marc Benzinger, der für alle drei anwesenden CDU-Fraktionen sprach, bezeichnete die Anlage als „Prestigeobjekt unseres OB“, das die CDU ablehne. Er stellte einen Antrag zur Abstimmung, den am Dienstag, 14. April, auch die CDU-Gemeinderatsfraktion vorgelegt hatte: Die Christdemokraten lehnen nicht nur die Einleitung des Genehmigungsverfahrens, sondern den Standort Tauschwald generell ab. Diesem Antrag stimmten die Freien Wähler zu. „Wir wollen kein symbolisches Einleiten der Energiewende in Stuttgart“, sagte Michael Schrade. Die Landeshauptstadt habe mit der Messe und dem Flughafen schon genug Lasten zu tragen.

Michael Lateier von den Grünen führte aus, dass seine Fraktion dem Antrag der Verwaltung zustimmen würde, obwohl sie „klar artenschutzrechtliche Bedenken“ hätte. Man brauche das Genehmigungsverfahren, um die offenen Fragen zu klären. Roland Saur von SÖS-Linke-Plus sagte, dass er für den Eintritt in das Verfahren stimme, betonte jedoch: „Das heißt aber noch lange nicht, dass ich dafür bin, dass die Windräder gebaut werden.“

In seinen Antworten ging der Geschäftsführer der Stadtwerke, Michael Maxelon, direkt auf den Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit und der Symbolik ein. Er betonte, dass die Stadtwerke nach unternehmerischen Grundsätzen handelten: „Wir machen keine Politik aus der Steckdose. Es wäre geradezu hirnrissig, wenn wir uns eine stinkende Eiterbeule selber basteln würden.“ Zudem sagte er zu, das Windgutachten ab Donnerstag auf der Homepage der Stadtwerke zugänglich zu machen.

Der Mindestabstand zu den Waldheimen wird eingehalten

Zu der von SPD-Bezirksbeirat Dieter Benz aufgeworfenen Frage nach der Belastung für die Waldheime im Lindental sagte Maxelon, dass der gesetzliche Mindestabstand von 450 Metern eingehalten werde. Und weil der AfD-Bezirksbeirat Karl-Friedrich Hotz befürchtete, die Windräder seien so laut wie Kettensägen, verwies Maxelon auf Berechnungen, nach denen am Fuß der Windräder etwa 55 Dezibel erreicht würden, was ungefähr einer etwas lauteren Unterhaltung entspreche.

Die Anlage solle von der Autobahn über die Wildpark- und die Steinstraße erschlossen werden, berichtete Maxelon. Die Fragen des Denkmalschutzes kämen ebenso wie die des Arten- und Lärmschutzes im Genehmigungsverfahren zum Tragen. Ein solches Verfahren sei der Ort für eine Interessensabwägung, betonte der Geschäftsführer der Stadtwerke im Verlauf der Diskussion immer wieder. Dazu soll es nach Auffassung der Bezirksbeiräte aber erst gar nicht kommen: Die Fraktionen von CDU, FDP, AfD und Freien Wählern stimmten geschlossen für den Antrag der CDU. In Weilimdorf und Feuerbach wurde er damit angenommen, die Einleitung des Genehmigungsverfahrens und die Standorte im Tauschwald wurden abgelehnt.

Keine Mehrheit für Beginn des Genehmigungsverfahrens

Im Botnanger Bezirksbeirat fand der CDU-Antrag bei Stimmengleichheit keine Mehrheit. Deshalb befasste sich dieses Gremium noch mit dem Antrag der Verwaltung zur Aufnahme des Genehmigungsverfahrens: Aber auch der wurde mit sechs zu sechs Stimmen abgelehnt.

Am Dienstag, 21. April, wird der Technikausschuss des Gemeinderats über die Anträge abstimmen. Dort haben das bürgerliche Lager und die Fraktionen von Grünen, SPD und Linke-SÖS-Plus gleich viele Sitze. Der dort ebenfalls vertretene Stadtist Ralph Schertlen hält den Standort Tauschwald für nicht geeignet. Seine Entscheidung möchte er aber in Absprache mit seiner Wählervereinigung treffen: Wenn sich dort eine deutliche Mehrheit für das Projekt ausspreche, würde er „eine Art imperatives Mandat ausüben“.