Das Mittagessen gehört immer häufiger zur Schulkindbetreuung dazu. Foto: dpa

Auf den Vorschlag der Stuttgarter Bürgermeisterin Isabel Fezer sind kleine, ehrenamtliche Initiativen bis zum Schuljahr 2021/22 vom Umbau der Schulkindbetreuung befreit. Am Montag hat das Mehrheitsvotum im Jugendhilfeausschuss zu Beifall von der Zuschauertribüne geführt. Nur die SPD war dagegen.

Stuttgart - Im Unterschied zu größeren Kitaträgern müssen sich Eltern-Kind-Gruppen jetzt doch noch nicht am Umbau der Schulkindbetreuung beteiligen. Das heißt, bis zum Schuljahr 2021/22 dürfen diese meist ehrenamtlich betriebenen Initiativen weiterhin auch Kinder im Schulkindalter aufnehmen. Das gilt auch dann, wenn an der Schule des Kindes ein Ganztag angeboten wird. Es geht um 13 Gruppen mit derzeit insgesamt 280 Schulkindern. Dieser Ausnahmeregelung hat am Montag der Jugendhilfeausschuss zugestimmt – allerdings gegen die Stimme der SPD.

Die Debatte und ihr Ausgang waren mit Spannung erwartet worden, wie die mit großen und kleinen Besuchern voll besetzte Zuschauertribüne im Sitzungssaal und der Applaus zum Schluss zeigten. Den Vorschlag für die Ausnahmeregelung hatte Jugend- und Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) gemacht. Der Grund: in vielen Gesprächen mit den Eltern-Kind-Gruppen sei deutlich geworden, dass diese nicht so organisiert seien wie ein größerer Träger – „wir machen deshalb einen sanften Übergang“, erklärte die Bürgermeisterin im Blick auf die Fristverlängerung.

Mehr Planungssicherheit für Eltern-Kind-Gruppen

Das hatten sich nicht nur die Eltern-Kind-Gruppen gewünscht, sondern auch fast alle Gemeinderatsfraktionen. Nach Ablauf der Frist müsse man „sehen, wie man das fortführen kann“, meinte Iris Ripsam (CDU). Sie und ihre Fraktion hatten die Ausnahmeregelung im März beantragt. Auch Vittorio Lazaridis erklärte, durch Gleichbehandlung mit den großen Trägern werde man den Eltern-Kind-Gruppen nicht gerecht. Nun erhielten sie durch Fristverlängerung Planungssicherheit – zumindest mittelfristig. Und die Frist sei ja auch nicht sakrosankt – „da bewegt sich ja noch mal was“, sagte Lazaridis im Blick auf die Pläne von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) zur Flexibilisierung der Schulkindbetreuung.

Nur Judith Vowinkel (SPD) sprach sich klar gegen eine Ausnahmeregelung für die Eltern-Kind-Gruppen aus – und dies, obgleich sie selbst in einer Eltern-Kind-Gruppe gewesen sei und deren „Stück heile Welt“ schätze. Ihre Ablehnung begründete die Stadträtin mit zwei Argumenten: Erstens sei es eine Frage der Gerechtigkeit auch den anderen Trägern gegenüber. Gewähre man den Eltern-Kind-Gruppen die Ausnahme, dann wollten das andere Träger auch. Zweitens befürchte sie einen Paradigmenwechsel: Es fehle doch nach wie vor an Plätzen für die Kleinkindbetreuung. „Wenn kleine Einrichtungen den Umbau baulich nicht stemmen, dann muss man sie doch eher dabei unterstützen“, so Vowinkel. Im Übrigen machten Eltern-Kind-Gruppen, was andere Einrichtungen auch machten: Beziehungsarbeit und Vernetzung im Stadtteil. Mit ihrem Vorschlag, die Fristverlängerung auf das kommende Schuljahr zu beschränken, blieb Vowinkel im Ausschuss allein. Ihr Einwand, dass sich der Beschluss „wahrscheinlich ohnehin revidieren“ werde, veranlasste Fezer zu einem klaren Konter.

Bürgermeisterin Fezer steht weiterhin zum Ratsbeschluss über die Hortumwandlungen

„Es geht nicht um einen Paradigmenwechsel“, versicherte die Bürgermeisterin. „Es geht um 280 Kinder und um einen sanften Übergang. Wir wollen, dass Transparenz herrscht. Aber: wir nehmen nicht irgendwelche Entscheidungen der Landesregierung vorweg“, so Fezer.

Der Hintergrund: die Kultusministerin plant eine Flexibilisierung der Schulkindbetreuung. Demnach sollen künftig auch Horte, verlässliche Grundschule und flexible Nachmittagsbetreuung wieder vom Land gefördert werden. Der Stuttgarter Gemeinderat hat aber beschlossen, die Schulkindbetreuung in die Schulen zu verlagern, einhergehend mit dem Ausbau der Ganztagsschulen. Demnach haben Stuttgarter Familien die Wahl zwischen verbindlichem Ganztag oder Halbtagsschule mit Betreuung bis maximal 14 Uhr. Fezer kündigte noch vor der Sommerpause eine neue Vorlage zur Schulkindbetreuung an.