50 Jahre alt ist dieses Foto vom Hauptbahnhof, das Christine Hofmann dem Stuttgart-Album geschickt hat. Foto: Hofmann

Der Bahnhof ist ein Ort der Hektik, des Abschieds, des Wiedersehens. Endstation Sehnsucht. In Stuttgart ist er auch ein Ort des Protests. Viele Leser haben dem Stuttgart-Album, das zur Zeitreise einlädt, Bahnhofsbilder von früher geschickt – es sind emotionale Dokumente der Stadtgeschichte.

Der Bahnhof ist ein Ort der Hektik, des Abschieds, des Wiedersehens. Endstation Sehnsucht. In Stuttgart ist er auch ein Ort des Protests. Viele Leser haben dem Stuttgart-Album, das zur Zeitreise einlädt, Bahnhofsbilder von früher geschickt – es sind emotionale Dokumente der Stadtgeschichte.

Stuttgart - War das die gute alte Zeit? Noch ging kein Riss durch die Stadt, keiner wusste in den Wirtschaftswunderzeiten der 1950er, was Stuttgart 21 bedeuten würde.

Vor dem Bahnhofsturm, der im Hintergrund in voller Pracht zu sehen ist, trugen die Damen vor den Zügen ein Kostüm, ein Hütchen, hatten um die eine Hand die schicke Tasche hängen, während sie mit der anderen gewinkt haben. Es war die Zeit, als man noch Bahnsteigkarten kaufen musste. Erst 1965 kündigte die Deutsche Bundesbahn an, auf allen Bahnhöfen die Bahnsteigsperren abzuschaffen

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Teresa Hugendubel hat dem Stuttgart-Album, dem trimedialen Geschichtsprojekt im Internet, in den Stuttgarter Nachrichten und in Buchform, ein Bahnhofsbild aus den 1950ern geschickt. Die Aufnahme entdeckte sie, als sie „mal wieder in den Sachen meiner Großeltern“ gestöbert hat. Teresa Hugendubel schreibt: „Man sieht darauf meine Großmutter, ziemlich in der Mitte mit hellem Kostüm, Hut und weißer Handtasche, und andere Personen, die am Hauptbahnhof winkend Abschied nehmen.“ Als möglichen Titel schlägt sie vor: „1950 Abschied am Bahnhof – 2013 Abschied vom Bahnhof!“

1922 werden die ersten vier Bahnsteige des Hauptbahnhofs dem Verkehr übergeben

Das Foto von den winkenden Damen und ihren Herren sorgte auf der Facebook-Seite des Stuttgart-Albums für zahlreiche Kommentare. „Man beachte, wie gepflegt die Menschen in den 1950er Jahren meist angezogen waren“, bemerkte Andrea Piefke. Und bei Heidi Lenz kamen Erinnerungen hoch: „Im Zug konnte man noch die Fenster öffnen. Wenn der Zug dann Fahrt aufnahm, motzte bereits vor dem Nordbahnhof der Erste: ,Fenster zu, es zieht.‘“

Zu Bauzeiten war er umstritten, doch längst ist man sich einig: Der Bonatzbau ist ein Meisterwerk der Architektur.

Paul Bonatz ist 33 Jahre alt, als er sich 1910 mit seinem Kollegen Eugen Scholer im Architektenwettbewerb der Königlich-Württembergischen Staatseisenbahnen gegen 70 Konkurrenten durchsetzt. Seinen Entwurf für den Stuttgarter Hauptbahnhof nennt er „Umbilicus Sueviae“, den „Nabel Schwabens“. Seine Auftraggeber verwerfen ihren Plan, einen Durchgangsbahnhof mit umfangreichen Tunneln zu bauen – denn 95 Prozent der Reisenden geben an, Stuttgart sei ihr Ziel. 1922 werden die ersten vier Bahnsteige des Hauptbahnhofs dem Verkehr übergeben. Sechs Jahre später ist die gesamte Anlage mit 16 Gleisen fertig. Thomas Bayer hat dem Stuttgart-Album ein Foto vom Bahnhofsplatz im Jahr 1930 geschickt (oben). Es herrscht ein reges Treiben mit Straßenbahnen, Autos und Fußgängern. Ein Polizist, der in der Mitte des Platzes erhöht in einem Rondell steht, regelt den Verkehr. „Ich wusste gar nicht, dass einst nordseitig des Bonatzbaus größere Wohnhäuser standen“, notierte Francesco Scannapieco auf der Internetseite des Stuttgart-Albums zu diesem Bild. Man sieht ihn zwar nicht: Aber noch fehlte zu dieser Zeit auf dem Bahnhofsturm der Mercedesstern, den man 1952 mit einem Pferdefuhrwerk anlieferte und mit Seilwinden hinauftransportierte.

Von Christine Hofmann hat das Stuttgart-Album ein Bahnhofsbild von 1963 erhalten. „Ach, war’s damals noch schön“, kommentiert Hans Maier auf der Facebook-Seite des Albums, „ich will mein altes Stuttgart wieder!“ Jörg Eckle hält dagegen: „Ein beschönigendes Foto. In den 60er und 70er Jahren hat man Stuttgart mit Beton zugeschüttet.“

Der Bahnhof ist ein Ort des Abschieds, aber auch der Wiedersehensfreude. Noch in vielen Jahren werden wir wieder Freude spüren, wenn die alte Bahnhofsbilder Heimatgefühle zurückrufen.

Das Buch „Stuttgart-Album“ mit Texten von StN-Redakteur Uwe Bogen ist im Silberburg-Verlag erschienen. Im Internet finden Sie das Album unter www.facebook.com/Album.Stuttgart oder unter www.stuttgart-album.de.