Der Kleine Schlossplatz... Foto: Thomas Hörner

Aus dem Netz aufs Papier: Das im sozialen Netzwerk Facebook beliebte Stuttgart-Album gibt es jetzt als Buch. Auf 160 Seiten können die Leser im Familienalbum einer Stadt schmökern. Alle Kapitel hat Uwe Bogen, Redakteur der Stuttgarter Nachrichten, neu geschrieben.

Stuttgart - Es beginnt mit der ersten Liebe. Mit ihr teilte man sich in den 1990er Jahren den Freundschaftsbecher, 25 Kugeln Mövenpick-Eis in einer großen Glasschale. Nicht an irgendeinem Ort, nein, an einem besonderen: am Kleinen Schlossplatz, eröffnet im Dezember 1968. Seine Geschichte, heißt es im jetzt erschienenen Buch „Stuttgart-Album. Eine Stadt erinnert sich“ von StN-Redakteur Uwe Bogen (Texte), Thomas Wagner (aktuelle Fotos) und Manuel Kloker (Design), ist eine Geschichte der Emotionen. Weil Verliebte dort gemeinsam Eis löffelten. Skater über die Treppen sprangen. Stuttgarter beim Flohmarkt ihren Kruscht verkauften. Tausende Menschen vor Pauls Boutique, dem ehemaligen Kartenhäusle, ihren Spaß hatten. Kurz: „Der über Jahre verachtete und als städtebauliche Missgeburt verurteilte Kleine Schlossplatz“, schreibt Bogen, „war in den 1990ern zur Heimat der Subkultur geworden“. Seinen Ruhm verdankt der Kleine Schlossplatz der 1993 erbauten Freitreppe. Die Bürger liebten den Kleinen Schlossplatz fortan und ließen dort ihren Gefühlen freien Lauf. Die Freitreppe ließ ihn aufblühen. Endlich.

Der Abriss der Freitreppe im Jahr 2002 führte emotional nicht zum Liebes-Aus, im Gegenteil: Ein altes Foto von der Freitreppe ist heute beliebter denn je. In dem im September 2012 eröffneten Stuttgart-Album im sozialen Netzwerk Facebook wurde das Bild in der ersten Woche 63.000 Mal angeklickt. Das ist viel. Und Grund genug, das Foto monatelang zum Titelbild zu machen.

Zu Recht beginnt daher mit dem Kleinen Schlossplatz und der Freitreppe das ersteKapitel im Buch „Stuttgart-Album“.

Wunsch, sich mit eigenen Wurzeln auseinanderzusetzen

Wie das Stuttgart-Album im Internet beschäftigt sich auch der Bildband nicht nur mit dem Mittelpunkt der Königstraße. DieBeliebtheit des Stuttgart-Albums führt Bogen auf den riesengroßen Wunsch in Stuttgart zurück, sich mit den eigenen Wurzeln auseinanderzusetzen. Im Buch kann der Leser das auf 160 Seiten tun. Schmökern in Jahrzehnten Stuttgarter Geschichte, die mit vielen Fotos aus längst vergangenen Zeiten belegt sind. Die historischen Bilder haben Internet-Nutzer den Stuttgart-Album-Machern zugeschickt, ebenso Erinnerungen, Anregungen, Kommentare. Diese hat Bogen für das Buch vertieft und weiter recherchiert. Neue Kapitel sind entstanden. Jede Seite ziert mindestens ein Leser-Kommentar aus dem Online-Album. Hinzu kommt die Rubrik „Wissenswert“. Wussten Sie, dass die Geschäftsaufgabe des Musikhauses Lerche zur größten Stuttgarts gehört? Oder dass 1868 die erste Pferdebahn vom Stadtarchiv (Charlottenplatz) zum Bad Berg fuhr? Das ist nur eine Strambe-Geschichte. Stuttgarts gelbe Seiten sind eben vielfältig.

Keine wichtige Stuttgarter Station bleibt unberührt. Laufen Sie vom Kleinen Schlossplatz zur Wulle-Brauerei an der damaligen Neckarstraße, die heute Willy-Brandt-Straße heißt. Dort wird seit Juli 2013 wieder Bier ausgeschenkt, nachdem die Brauerei 1971 abgerissen wurde. Kommen Sie mit zur Calwer Straße, die einst voller Autos war, erklimmen Sie den Fernsehturm, die Besucherterrasse des Flughafens, den Hasenberg. Oder steigen Sie hinab an dunkle Orte. In das Bunkerhotel unterm Marktplatz, das nur zur Langen Nacht der Museen öffnet. Die dunklen Orte können auch verrucht sein: Peep-Shows und vereinigte Hütten erzählen „Geschichten aus dem Unterleib der Stadt“.

Stuttgart ist und bleibt eine Stadt im Wandel, nicht zuletzt wegen des Bahnprojekts Stuttgart 21. Wie sie einst aussehen wird, weiß keiner. Sicher ist nur: Das Stuttgart-Album auf Facebook vergrößert sich weiter. Fortsetzung folgt.

Das Buch „Stuttgart-Album. Eine Stadt erinnert sich“ ist  im Silberburg-Verlag erschienen. Es kostet 24,90 Euro.

Lust auf mehr? Dann blättern Sie doch durch unsere historischen Bildergalerien in unserer Rubrik "Stuttagrt früher".