Der Schwarze Donnerstag von Stuttgart 21 beschäftigt noch heute die Gerichte. Foto: dpa

Aus Sicht von SPD und Grüne hat sich durch die Aussage eines Polizeibeamten im Untersuchungsausschuss zum harten Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner der Verdacht der politischen Einflussnahme bestätigt.

Aus Sicht von SPD und Grüne hat sich durch die Aussage eines Polizeibeamten im Untersuchungsausschuss zum harten Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner der Verdacht der politischen Einflussnahme bestätigt.

Stuttgart - Grüne und Sozialdemokraten im Untersuchungsausschuss zum harten Vorgehen gegen Stuttgart-21-Gegner sehen neue Anhaltspunkte, dass die Politik den Polizeieinsatz zur Räumung des Schlossgartens beeinflusst hat. Die Aussage des ehemaligen Polizei-Vizepräsidenten Norbert Walz untermauere den Verdacht, dass sich die Politik beim eskalierten Eingreifen am 30. September 2010 eingemischt habe, sagten Vertreter der Koalition am Freitag in Stuttgart. CDU und FDP im Ausschuss bestritten hingegen neue Hinweise auf politische Einmischung.

Hintergrund ist der Bericht des damaligen Polizei-Vizepräsidenten Norbert Walz von einer Besprechung im Umweltministerium am 20. September 2010. Im Ressort der damaligen Ministerin Tanja Gönner (CDU) sei der Tenor gewesen, es wäre „geschickt“, wenn die Baumfällarbeiten für Stuttgart 21 im Schlossgarten vor der für den 7. Oktober geplanten Regierungserklärung des damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) abgeschlossen seien, schilderte Walz vor dem Gremium.

Die Aussagen von Walz legten nahe, dass der Termin für die Räumung des Parks politisch und nicht polizei-taktisch gewählt sei, sagte SPD-Obmann Sascha Binder. „Wenn es keinen Einsatz gegeben hätte, hätte es auch keiner Regierungserklärung bedurft“, fügte er hinzu. Diesen Zusammenhang hatte Mappus stets bestritten.

Binder erinnerte an eine E-Mail Gönners an Mappus, in der sie als Ziel angab, „dass bis zu deiner Regierungserklärung mit den Bäumen alles erledigt ist“. Gönner gilt als Vertraute des ehemaligen Regierungschefs. „Es ging um eine Erfolgs- und Vollzugmeldung“, meinte Grünen-Obmann Uli Sckerl. Mappus war damals besonders hart gegen die S-21-Kritiker aufgetreten.

Ein schwieriges Verfahren

Die Politik setzte nach Walz’ Aussage auf die „beruhigende Wirkung“ der abgeschlossenen Fällarbeiten. Nach Ansicht von Sckerl stellt es eine „neue Qualität“ dar, dass die Polizei nicht nur über die Tatsache einer bevorstehenden Regierungserklärung, sondern auch über deren Thema - Stuttgart 21 - und sogar über den Wunsch des Ministerpräsidenten, die Situation zu befrieden, informiert worden sei.

Ein weiterer Zeuge, der Assistent des damaligen Stuttgarter Polizeichefs Siegfried Stumpf, verneinte zwar politischen Einfluss. „Eine politische Einflussnahme habe ich nicht erfahren. Bei polizeilich-taktischen Fragen hätten wir uns das nicht gefallen lassen.“ Andererseits berichtete er von einem Gespräch mit Stumpf, in dem sich dieser verärgert über Mappus’ Versuch geäußert habe, im August 2010 den Bagger für den Abriss des Nordflügels des Stuttgarter Bahnhofs für das Bahnprojekt Stuttgart 21 zu einem bestimmten Zeitpunkt einzusetzen. Der Beamte kommentierte vor dem Ausschuss die damaligen Weisungen aus dem Staatsministerium mit den Worten: „Ich finde das ist unerhört. Was bilden die sich eigentlich ein?“

Der CDU-Obmann Reinhard Löffler kündigte an, auf den Gang zum Staatsgerichtshof gegen den Untersuchungsausschuss zu verzichten. Er hatte argumentiert, der Untersuchungsauftrag dringe unzulässigerweise in den verfassungsrechtlich geschützten „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ der damaligen Landesregierung ein und sei deshalb verfassungswidrig. Einen „Aufschlag“ im Parlament werde es aber noch geben, etwa in Form eine Antrags auf einen Zwischenbericht. Zuvor hatte die Gutachterin Pascale Cancik dem Gremium ihre Sicht auf die von der CDU aufgeworfene Frage der Verfassungsmäßigkeit des Ausschusses dargelegt.

Die Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Osnabrück sieht die Rechte der Opposition im Verlauf der Ausschussarbeit nicht verletzt. Das Gremium habe zudem auch nach Vorlage eines Regierungsberichts zu seinem Thema eine Berechtigung. Die Parlamentarier müssten selbst entscheiden können, ob alle Fragen ausreichend beantwortet seien. Auch könne eine Opposition nicht den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung einer Regierung definieren. Dies könne nur die amtierende Regierung selbst.