In knapp drei Metern Tiefe wurden die Sandsteinplatten gefunden Foto: S-21-Büro

Bei bodenkundlichen Ausgrabungen auf dem Baustellengelände im Mittleren Schlossgarten wurden Steinplatten gefunden, die eventuell aus dem 18. Jahrhundert stammen. Die Weiterbau von Stuttgart 21 sei dadurch aber nicht gefährdet, heißt es.

Stuttgart - Anfang der Woche war es, als die Fachleute der Universität Hohenheim und des Landesamts für Denkmalpflege, das dem Stuttgarter Regierungspräsidium unterstellt ist, im Mittleren Schlossgarten unverhofft auf interessantes Material stießen. Bei der Sondage, wie die Voruntersuchung eines zur Ausgrabung anstehenden Terrains heißt, spürten die Experten bearbeitete Steinplatten auf. Diese befanden sich zweieinhalb bis drei Meter unter der Geländeoberkante im Bauabschnitt 18 – also unweit des Planetariums und in Nähe der künftigen Geh- und Radwegrampe, die vom Ferdinand-Leitner-Steg über das Baufeld in den Schlossgarten führen wird. Die auf einer Länge von sechs Metern gefundenen Platten hatten parallele Rinnen in einer Breite von etwa einem Zentimeter. Eine Platte ist zudem mit einem Steinmetzzeichen markiert.

In seiner Einschätzung zum Fund der Platten aus Schilfsandstein hält sich Andreas Lehmann noch zurück. Der 54-Jährige ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bodenkunde und Standortslehre der Uni Hohenheim, er befand sich am Freitag auf Dienstreise in Sachsen und war per Handy erreichbar. Gemeinsam mit seinen Kollegen vom Landesdenkmalamt hat er seit November 2013 immer mal wieder an mehreren Stellen auf der Südostseite des Bahnhofs Bodenproben entnommen. In Zehn-Zentimeter-Schritten sei es langsam in die Tiefe gegangen. Das Ziel: Rückschlüsse zu erhalten, wie sich die Stadt Stuttgart einst entwickelt hat. Vor allem die Ablagerungen durch Überschwemmungen des dortigen Nesenbachs, die heute noch zu finden sind, könnten Rückschlüsse zulassen. Etwa, wie der Stand der Handwerkstechnik oder wie der damalige Abfall beschaffen war.

Steinmetzarbeiten könnten aus dem 18. Jahrhundert stammen

Die Fachleute des Landesamts für Denkmalpflege, die sich am Mittwoch erneut vor Ort ein Bild der Grabungen machten, gehen nach ersten Einschätzungen davon aus, dass es sich bei dem Fund um Steinmetzarbeiten aus dem 18. Jahrhundert handeln könnte. Näheres könne aber erst nach genaueren Untersuchungen gesagt werden, heißt es aus dem Kommunikationsbüro fürs Bahnprojekt Stuttgart–Ulm. Die ersten weitergehenden Erkundungen sollen in der kommenden Woche stattfinden. „Um die archäologische Bedeutung der Steinplatten zu ermitteln und den Befund sauber zu interpretieren, muss weiter gegraben und untersucht werden“, ergänzt Nadine Hilber, Sprecherin des Regierungspräsidiums Stuttgart.

„Das Ganze hat aktuell keinen Einfluss auf den Bauablauf im Zusammenhang mit dem Tiefbahnhof“, versichert Hilber. Grund: „Dort, wo der Fund liegt, stehen derzeit keine Baggerarbeiten für S 21 an.“ Der weitere Bauablauf für den jetzt anstehenden Bauabschnitt, so auch das S-21-Kommunikationsbüro, sei durch den Fund und die anstehenden Untersuchungen nicht tangiert. S-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich legt im Übrigen Wert auf die Feststellung, dass es sich bei dem bei der Sondage in der Grube im Schlossgarten aufgetretenen Wasser anders als in einem Medienbericht spekuliert „nicht um Grundwasser, sondern um Niederschlagswasser beziehungsweise Sickerwasser handelt“.

Archäologische Belange im Zusammenhang mit dem Bahnprojekt Stuttgart–Ulm hatten für die Bahn nach Dietrichs Angaben schon immer eine hohe Priorität. Bereits 2012 fanden Wissenschaftler und Experten vom Amt für Denkmalpflege im Mittleren Schlossgarten unter anderem einen in Sandstein gemeißelten Kopf, der eventuell als Bauplastik zur Verzierung einer Gebäudefassade aus der Zeit zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert diente. Und nahe Aichelberg gruben die Fachleute Überreste einer kleingewerblichen römischen Ziegelei aus.