So sieht es zurzeit am Stuttgarter Hauptbahnhof aus. Mehr Bilder finden Sie in der Fotostrecke. Foto: www.7aktuell.de | Florian Gerlach

CDU, SPD, Freie Wähler und FDP schreiben an den Aufsichtsrat. Der Chef des Verkehrsausschusses geht von Kosten bis zu 11,3 Milliarden Euro aus.  

Stuttgart - Lange haben sich die Befürworter des Projekts Stuttgart 21 zurückgehalten, überließen die Deutungshoheit den Gegnern. Nun melden sich die Fürsprecher zu Wort. Die Gemeinderatsfraktionen von CDU, SPD, Freien Wählern und FDP haben gemeinsam einen offenen Brief an den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG geschrieben. Sie bitten diesen, „die Übernahme der festgestellten um 1,1 Milliarden Euro gestiegenen Kosten durch die Bahn AG zu bewilligen“ und „die Gründung einer Projektgesellschaft zu genehmigen, um das Vorhaben so schnell und reibungslos wie möglich voranzutreiben, um die Baumaßnahmen so effizient und zügig wie möglich abzuwickeln“.

Der Bahnvorstand hatte im Dezember bekanntgemacht, dass die Kosten für das Bahnprojekt mit seinen verschiedenen Tunneln und Bahnhöfen von 4,5 auf 5,6 Milliarden Euro gestiegen seien. Dazu komme ein Risiko von 1,2 Milliarden, das vor allem Land und Stadt schultern sollen. Am 28. Februar will der von Bahn, Land, Stadt, Region und Bund eingerichtete S-21-Lenkungskreis tagen, Anfang März der DB-Aufsichtsrat.

Die Bahn-Kontrolleure treffen sich heute erneut zu einer Informationsveranstaltung. Die Staatssekretäre, die den Bund als alleinigen Eigentümer im DB-Aufsichtsrat vertreten, haben zur Kostenexplosion weitere Fragen an Bahn-Chef Rüdiger Grube und Technikvorstand Volker Kefer gerichtet.

Erhebliche Verbesserung im Regionalverkehr

Bei der 159. Demonstration gegen das Projekt am Montag sagte Anton Hofreiter (Grüne), der dem Verkehrsausschuss des Bundestages vorsitzt, der neue Tiefbahnhof und die Tunnel würden bestenfalls 2025 fertig werden. Daher setzten „Teile der Bahn AG für Stuttgart 21 nicht bis zu 6,8, sondern 10,7 bis 11,3 Milliarden Euro an“. Gründe für die weitere Verteuerung seien der schwierige Tunnelbau, Nachrüstungen beim Brandschutz und die dadurch deutlich verlängerte Bauzeit. „Die fachlich einzig richtige Entscheidung wäre, jetzt auszusteigen“, sagte Hofreiter am Abend auf dem Marktplatz unter dem Beifall von laut Veranstalter rund 3000 Demonstranten. Das Projekt rechne sich für die Bahn nicht mehr.

Die Fraktionen von CDU, SPD, Freien Wählern und FDP haben 38 von 60 Mitgliedern im Gemeinderat. Sie bekunden, sie hätten „die unzulänglichen Kostenschätzungen der Vergangenheit und die eventuellen Mehrkosten mit einer gewissen Irritation zur Kenntnis genommen“. Trotzdem stünden sie nach wie vor zu Stuttgart 21. Denn das Projekt bedeute nicht nur den dringend notwendigen Ausbau des Eisenbahnknotens und verbesserte Fernverbindungen, sondern eine erhebliche Verbesserung im Regionalverkehr. Mit Stuttgart 21 werde die topografiebedingte Nordlastigkeit des Verkehrsknotens Stuttgart beendet und der Raum südlich von Stuttgart effizient an die Stadt, den Filderraum und den Flughafen angebunden. Die Fraktionen weiter: „Vor allem aber bedeutet Stuttgart 21, dass inmitten der Stadt auf dem jetzigen Gleisfeld 100 Hektar Fläche frei werden, die Platz für Arbeit und vor allem Wohnraum für 24 000 Menschen schaffen.“

Trotz neuer Zahlen gebe es „keinen sachlichen Grund, das Projekt weiter zu verzögern oder gar zu verhindern“. Beim Kostenvergleich mit einer Alternative müssten die Ausstiegskosten mitberücksichtigt werden. CDU, SPD, Freie Wähler und FDP im Gemeinderat fordern die Bahn AG auf, „am einvernehmlich festgelegten Ziel und Zeitplan festzuhalten“. Man bestehe auf der Einhaltung des Vertrags durch die Bahn.