Der Stuttgarter Hauptbahnhof in der Dämmerung. Foto: Leif Piechowski

Der Streit der Landeswasserversorgung mit der Bahn über die Entschädigung für die Nutzung eines Grundstücks durch das Projekt Stuttgart 21 ist kein Einzelfall. Auch die Landeshauptstadt ist mit den Vorstellungen der Bahn nicht einig.

Stuttgart - Der Streit der Landeswasserversorgung (LW) mit der Bahn über die Entschädigung für die Nutzung eines Grundstücks durch das Projekt Stuttgart 21 ist kein Einzelfall. Auch die Landeshauptstadt zeigt sich mit dem Vorstellungen der Bahn nicht einig.

Die Kommune will eine grundsätzliche Klärung darüber erzielen, wie die Nutzung von Grundstücken, zum Beispiel durch die Unterbauung mit einem Tunnel, im Einzelfall abgegolten wird. Die Bahn hatte im Oktober 2012 ein Gutachten präsentiert, in dem Bodenrichtwerte als Grundlage gelten. Das sind Durchschnittswerte mehrerer Grundstücke mit durchaus unterschiedlichem Zuschnitt, Lage und Bebauungsmöglichkeit. Je nach Tunneltiefe und prozentualer Inanspruchnahme der Fläche bildet sich ein Entschädigungswert, der ausbezahlt wird.

Die Stadt hat laut Liegenschaftsamt einen anderen Ansatz: „Entschädigt werden soll ein bestimmter Prozentsatz des tatsächlichen Verkehrswerts“, so ein Mitarbeiter, also des Werts, den die Fläche bei einem Verkauf einbräche. Der Verkehrswert müsse im Einzelfall bestimmt werden. „Das ist unsere Ausgangslage.“ Die Verhandlungen mit der Bahn über die unterschiedlichen Ansätze seien nicht abgeschlossen. Deren Gutachten wolle man „nicht eins zu eins übernehmen“.

Bahn musste Tunnelvortrieb einstellen

Wie viele städtische Grundstücke die Bahn für ihre neue Infrastruktur in Anspruch nehmen wird ist noch nicht klar. Das Unternehmen habe eine Liste zugesagt, sie aber noch nicht geliefert, heißt es im Liegenschaftsamt. Die Uneinigkeit über die Berechnung der Entschädigung hält die Bauarbeiten der Bahn aber nicht auf. Für jedes benötigte Grundstück werde eine vorläufige Vereinbarung geschlossen, „dann kann die Bahn drauf“, so der Mitarbeiter. Die „vorläufige vertragliche Besitzeinweisung“ erlaube der Bahn den nötigen Eintrag im Grundbuch erst, wenn man über die Entschädigung in jedem Einzelfall einig sei.

Die Landeswasserversorgung hat ihre Zustimmung zur Grundstücksnutzung durch die Bahn verweigert, nachdem diese ihr früheres Angebot von 48.800 auf 30.300 Euro reduziert hatte. Dabei geht es um den Tunnelbau unter dem LW-Bürohaus in der Schützenstraße 4. Die LW hat beim Stadtmessungsamt eine Bewertung für das Grundstück in Auftrag gegeben. Die Bahn musste ihren Tunnelvortrieb einstellen. Sie hat der LW am Montagabend „zur Beschleunigung der Prozesse um die Baumaßnahme fortführen zu können“ wieder die 48.800 Euro angeboten. Über das „mehr oder Minder“ solle das Regierungspräsidium (RP) entscheiden. Das RP kann die Bauerlaubnis zwangsweise verfügen, wegen gesetzlicher Fristen allerdings erst Anfang Januar.

Man habe das Angebot geprüft „und abgelehnt“, sagte LW-Sprecher Bernhard Röhrle, „weil die Bahn sich vorbehält, die Summe später zu reduzieren“. Das Angebot sei daher schlechter als die Ursprungsofferte. „Wir haben das Gutachten in Auftrag gegeben und erwarten, dass wir zu einer höheren Entschädigung als die angebotenen 48.800 Euro kommen“, so Röhrle. Die Bahn müsse „auf ihren Baufortschritt jetzt warten.“

Der verhinderte Tunnelbau kostet die Bahn täglich rund 20.000 Euro. Die Bewertung aus dem Stadtmessungsamt dauert normalerweise vier bis sechs Wochen. Weil die städtischen Mitglieder im Verwaltungsrat der Landeswasserversorgung auf eine Lösung drängen, könnte die Bewertung in rund zwei Wochen vorliegen.

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