Der Verkehrsberater Martin Vieregg hat im Auftrag der Projektgegner die Ausstiegskosten bei Stuttgart 21 berechnet Foto: Franziska Kraufmann

Aus der Sicht der Gegner von Stuttgart 21 wäre ein Ausstieg aus dem Projekt für die Bahn wirtschaftlich. Wenn der DB-Aufsichtsrat an einer entsprechenden Studie zweifle, müsse er ein eigenes Gutachten in Auftrag geben.

Stuttgart - Die Gegner des Großprojekts Stuttgart 21 haben am Freitag gegen die Bahn nachgelegt. Im Dezember hatten sie eine Studie zu den erwartbaren Baukosten (9,8 statt von der DB genannter 6,5 Milliarden Euro) präsentiert. Nun haben sie, erneut von der Münchner Verkehrsberatung Vieregg Rössler, die Kosten eines Ausstiegs berechnen lassen.

„Die neue Studie war nicht so aufwendig wie die zur Ermittlung der Gesamtkosten“, sagte Martin Vieregg in Stuttgart, der Baufortschritt sei gut dokumentiert. Nach seinen Berechnungen seien Arbeiten für rund 3,2 Milliarden Euro vergeben. S-21-Geschäftsführer Peter Sturm bestätigte am Freitag drei Milliarden.

Alternative 5,9 Milliarden günstiger als Weiterbau

Vieregg hat für das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 die Ausstiegskosten summiert. Schon ausgegeben seien 730 Millionen, vertraglich bei einem Abbruch für die Baufirmen gebunden 119 Millionen, dazu kommen die Baustelleneinrichtung (153) und sonstige Kosten (152), Kosten für die Wiederherstellung des Kopfbahnhofes (48) und verlorene Planungsmittel (309 Millionen Euro). Macht in der Summe 1,5 Milliarden. Dazu kommen die Rückabwicklung der Gleisflächenverkäufe mit der Stadt mit 324 Millionen, die Sanierung der Altanlagen mit 400 Millionen. Wolle man den Kopfbahnhof ertüchtigen, fielen bis 800 Millionen Euro an.

Für die Anknüpfung der Neubaustrecke bei Wendligen an den Bestand und den Flughafen-Anschluss rechnet Vieregg mit 1,15 Milliarden Euro. „Ein Weiterbau kostet 7,9 Milliarden mehr als der Ausstieg, faszinierend ist, dass die alternative Kopfbahnhof 21 noch 5,9 Milliarden Euro billiger kommt als der Weiterbau“, sagte Vieregg.

Bahn: Nicht haltbare Spekulation

Die Projektgesellschaft wies die Rechnung als „nicht haltbare Spekulation“ zurück, sie basiere auf der auch schon falschen Kostenspekulation. „Ein klassischer Folgefehler“, so Peter Sturm. Ein Ausstieg liege nicht im Sinne des Landes.

Der Anwalt und Bündnis-Sprecher Eisenhart von Loeper will die Studie nutzen. Alle DB-Aufsichtsräte erhalten sie. Sollten an ihr Zweifel bestehen, seien die Kontrolleure gehalten, ein Gutachten in Auftrag zu geben. Mit der Akzeptanz von Mehrkosten für die Bahn AG hätten sie 2013 strafbare Untreue begangen. Der Vorwurf solle von der Staatsanwaltschaft aufgearbeitet werden. Von Loeper hat die Neuaufnahme von Ermittlungen in Berlin beantragt.