Über einen 110-Meter-langen Korrodor erreichen Reisende und Pendler den Querbahnsteig. Foto: www.7aktuell.de | Oskar Eyb

Der Hauptbahnhof ist bereit für den Bau des Stuttgart-21-Herzstücks, die unterirdische Zugstation. Der notwendige, vom Bonatz-Bau 110 Meter entfernte Querbahnsteig ist seit Montag fertig - und wird für mindestens acht Jahre bleiben.

Stuttgart - Bahnkunden, die hektisch zu ihren Zügen hasten? Fehlanzeige. Wer sich aus dem Bonatz-Bau heraus zu den Bahnsteigen bewegt, stellt fest: Der Betrieb im Hauptbahnhof läuft fast reibungslos. Mit dem Umbau des Gleisvorfelds „ist ein weiterer Meilenstein für das Bahnprojekt Stuttgart 21 erreicht“, sagt S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Querbahnsteig, der mindestens acht Jahre bestehen bleibt.

Was ist eigentlich der Querbahnsteig?
Auf einer Breite von rund 100 Metern entsteht das Herzstück von Stuttgart 21, die unterirdische Zugstation. Da der Bahnbetrieb weitergeht, wurden die Bahnsteige ins Gleisvorfeld verlegt. Der Querbahnsteig ersetzt als Provisorium während der Bauzeit die bisherige Querbahnsteighalle, die sich unmittelbar an den Bonatz-Bau anschloss.
Welche Zugänge führen zum Querbahnsteig?
Das Provisorium erreichen Reisende, die aus der Kopfbahnsteighalle zu den Zügen wollen, zurzeit über fünf Zugänge: Vom Bonatz-Bau führen vier etwa acht Meter breite, überdachte Korridore zu den Zügen. Zudem verfügt der Querbahnsteig über einen Zugang vom Gebäude der Landesbank aus. Der bisherige, wenige Meter entfernte Interimseingang vom Kurt-Georg-Kiesinger-Platz wird laut Bahn im Laufe des ersten Halbjahrs 2014 geschlossen. Noch im November soll ein Zugang vom Schlossgarten fertig werden, dazu werden Reisende vom Planetarium auf einer Brücke übers Baufeld geführt. Alle Zugänge sind barrierefrei.
Was geschieht am Nordausgang?
Die heutige Kopfbahnsteighalle ist wieder über den Nordeingang zugänglich. Wenn das unterirdische Technikgebäude am Kurt-Georg-Kiesinger-Platz im Jahr 2014 endgültig fertig ist, können dort wieder Taxis und Reisende zum Ein- und Aussteigen halten. Zudem soll es dort mehr Parkplätze geben.
Was ändert sich für S-Bahn-Pendler?
Ab Mitte 2014 sind die S-Bahnsteige nur noch über die Klett-Passage zu erreichen. Der Fußgängertunnel, der alle Fernbahnsteige verbindet, wird demnächst geschlossen, der Rolltreppen-Abgang im Bereich der einstigen Gleise 2 und 3 im Frühsommer.
Wie verändern sich die Umsteigezeiten?
Da sich der Querbahnsteig etwa 110 Meter vom Bonatz-Bau entfernt befindet, werden die Gehzeiten zu den Anschlusszügen länger. Sven Hantel von der Bahn-Tochter DB Station und Service macht folgende Rechnung auf: Wer am Gleis 16 mit dem ICE ankommt und am Zugende aussteigt, benötigt vier Minuten länger bis zur S-Bahn als bisher. Der Stuttgart-21-kritische Verkehrsclub Deutschland rechnet mit bis zu 15 Minuten, die Pendler länger unterwegs sind.
Wie finden Reisende zu ihren Zügen?
Der Querbahnsteig folgt mit 16 Gleisen derselben Systematik wie vor dem Umbau, inklusive Beschilderung und Anzeigentafeln.
Welchen Service bietet die Bahn?
Die Bahn testet, ob zusätzliches Personal zur Fahrgast-Info nötig ist. Für Sehbehinderte wurden laut Bahn überall Leitlinien in den Boden eingelassen. Gehbehinderte sollen eine Tragehilfe fürs Gepäck anfordern können. Dazu will die Bahn zwei Elektromobile anschaffen. Am Querbahnsteig werden sechs Pavillons für Kioske aufgebaut.
Wie geht es weiter?
Die vier Fußgänger-Korridore werden später durch zwei zehn Meter breite Brücken ersetzt, die über die Baugrube führen. Wann das so weit ist, hängt vom Baufortschritt ab.
Ist ein Blick in die Baugrube möglich?
„Wir sind dran, aber noch am kämpfen“, sagt S-21-Sprecher Dietrich. Stand jetzt bleiben aus Sicherheitsgründen die Bretterwände als Abgrenzung bestehen.
Liegt die Bahn im Zeitplan?
Das hängt von der Sichtweise ab. S-21-Sprecher Dietrich sagte, der Bau des Querbahnsteigs „hat terminlich und zeitlich gut geklappt“. Im Mai 2013 wurde mit dem Umbau des Querbahnsteigs begonnen, damals wollte man bis etwa 20. Oktober fertig sein. Punktlandung. Oder nicht? In der ursprünglichen Baugenehmigung war von 18 Monaten die Rede, die für die Vorbereitung des Gleisvorfelds benötigt würden. Dazu zählt neben dem Querbahnsteig der umfangreiche Umbau des Gleis- und Weichenkörpers samt Anpassung der elektrischen Oberleitungen. Noch vor dem offiziellen Baustart von Stuttgart 21 am 2. Februar 2010 mit viel politischer Prominenz hatte die Bahn ihren Zeitplan korrigiert: Die Inbetriebnahme des Querbahnsteigs sollte nach 30 Monaten erfolgen. Es wurden schließlich 45 Monate.
Wurde der Bahnbetrieb beeinträchtigt?
Im Prinzip nein, soweit sich das bei einem Umbau unter laufendem Betrieb sagen lässt. Beschwerden erreichten die Bahn nur wenige. Auch die Leser der Stuttgarter Nachrichten hielten sich in Briefen mit Kritik zurück. Dass hie und da Reisende Ansagen nicht verstanden und deshalb Züge verpassten, kam offenbar selten vor.
Wie hoch waren die Kosten fürs Provisorium?
Der Umbau des Gleiskörpers und die Einrichtung des Provisoriums haben „deutlich unter 100 Millionen Euro gekostet“, so ein Bahn-Sprecher. Die unterirdische Durchgangsstation schlägt samt den vorbereitenden Arbeiten laut Bahn mit etwa 600 Millionen Euro zu Buche. Stuttgart 21 (Tunnelring über Feuerbach und Untertürkheim, Tunnel auf die Filder, Flughafenbahnhof) kostet nach derzeitigem Stand 6,5 Milliarden Euro.