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Projektgegner ziehen vor SPD- und CDU-Parteizentralen - Kundgebung am Schlossplatz.

Stuttgart - Gegen 18.30 Uhr am Freitagabend nimmt die Menschenkette zwischen Rotebühl- und Wilhelmsplatz Formen an. Immer mehr Stuttgart-21-Gegner strömen hinzu, mit grünen Luftballons im Schlepp mit dem Motto: „Oben bleiben“.

Hier sind weitere Bilder zur Menschenkette und zur Demo

Eine kleine Gruppe ist eigens aus dem Allgäu angereist. Sie wollen „Solidarität“ zeigen, erklärt ihr Anführer: „Außerdem nutzt uns der Protest – denn wenn Stuttgart21 nicht gebaut wird, fließt das Geld zu uns nach Oberschwaben.“ Dort gebe es „wichtigere“ Schienenprojekte, meint er.

Um 19 Uhr wird die Menschenkette geschlossen. Danach teilt sich die Menge auf und zieht zu den Landesparteizentralen von SPD (Wilhelmsplatz) und CDU (Rotebühlplatz). Während die Fronten zur Regierungspartei CDU klar sind, sorgt der jüngste Kurswechsel der SPD-Führung in Richtung Volksentscheid für hitzige Debatten vor dem Quartier der Genossen.

„Ich sage Ihnen zu: Ich werde dafür streiten, dass die Menschen in Baden-Württemberg über Stuttgart21 abstimmen können“, verspricht der SPD-Landesvorsitzende Nils Schmid. Für seine kurze Rede ist er vor die Polizeigitter getreten, die den Zugang zur SPD schützen. Schmid muss sich einige „Pfui-“ und „Lügenpack“-Rufe gefallen lassen. Opportunismus wird der SPD vorgeworfen, zumal Schmid deutlich macht, dass die Volksabstimmung womöglich erst nach der Landtagswahl im März 2011 möglich sein könnte. Dafür müssten SPD und Grüne dann die Mehrheit bekommen.

Chancen auf Runden Tisch steigen wieder

Die zwei Aufmärsche ziehen getrennt voneinander über den Cityring zum Schlossplatz. Dabei kommt es auch zu Verkehrsbehinderungen im Berufsverkehr. Die Veranstalter sprechen von 69.000 Demonstranten; die Polizei von 35.000.

Hier sind weitere Bilder zur Menschenkette und zur Demo

Auf der Bühne am Schlossplatz erklärt der Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann (Grüne) nochmals, weshalb seine Partei nicht nur Stuttgart21, sondern auch die sich im Osten anschließende ICE-Neubaustrecke Wendlingen–Ulm ablehnt. Die Strecke sei „der Wahnsinn, unökonomisch und sinnlos“, poltert Hermann. Der Beschluss des Bundestags im Jahr 2008 für die Strecke sei ein Fehler gewesen, sagt er. Mit dem Volksentscheid werde man das „schief gelaufene parlamentarische Verfahren“ durch ein „Verfahren von unten“ korrigieren.

Am Freitag gab es auch Signale, dass der Runde Tisch mit Befürwortern und Gegnern von Stuttgart21 doch zu Stande kommen könnte. „Wir sind gesprächsbereit und warten auf ein Angebot“, erklärte Staatsminister Helmut Rau mit Blick auf das Vermittlungsangebot des katholischen Stadtdekans Michael Brock.

Zuvor hatte bereits das Aktionsbündnis den Einsatz von Brock gutgeheißen. Außerdem klärten SÖS-Stadtrat Gangolf Stocker vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart21 und OB Wolfgang Schuster ab, dass der OB noch im Monat September auf der sogenannten Montagsdemonstration beim Hauptbahnhof reden wird, allerdings nicht am nächsten Montag.